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Klettern und Recht

Maria Auckenthaler, Norbert Hofer

Klettern und Recht

2009, Manz, ISBN 978-3-214-00435-4, 138 Seiten

Verlagsinformation:

Der Klettersport erfreut sich in Österreich großer Beliebtheit, alleine in Tirol gibt es ca. 20.000 aktive Vereins-Kletterer. Dementsprechend hoch ist allerdings auch die Zahl der Unfälle, die jährlich passieren. Damit sind auch eine Reihe rechtlicher Fragen verbunden, die in diesem Ratgeber – untermauert durch Beispiele – beantwortet werden: Wer trägt dafür die Verantwortung? Welche Haftung trifft Grundeigentümer, Halter, Errichter? Wie müssen Kletterrouten, -gärten errichtet, gewartet und saniert werden? Welche Bestimmungen gelten bezüglich Kinder? Welche Versicherungen gibt es für Kletterer? Plus: Musterverträge und Formulare für Hallenbetreiber, Benützungsvertrag für Kinder und Jugendliche und Unfallprotokoll. Plus: Checklisten für Unfälle.
Kommentar:

Rezension von Gerald Lehner, www.bergrettung.at

Zum Beispiel: Auf dem Kletterturm der Organisation Mustermann irgendwo in Österreich bei einem der 100.000 Dorf- oder Zeltfeste geschieht - was der liebe Gott stets verhüten möge – ein Unfall. Gesichert hat ein ehrenamtlicher Akteur, der weder besonders versichert ist noch sonst einen beruflichen Spezialschutz genießt. Was tut sich in einem solchen Fall in den Mühlen der Justiz? Wer gerät hinein? Warum?

Diese Arbeit der Tiroler Autoren, Juristen und Kletterer Dr. Maria Auckenthaler und Dr. Norbert Hofer ist soeben im Wiener Fachverlag Manz erschienen.  Die 33-jährige Auckenthaler arbeitet als Staatsanwältin bei der Anklagebehörde Innsbruck, der 40-jährige Hofer ist Strafrichter beim Landesgericht Innsbruck. Als ehrenamtlicher Bergretter leitet er die ÖBRD-Ortsstelle Telfs.
Das neue Buch besticht gerade durch das Wissen und die Erfahrung der Autoren in beiden "Welten", der Kletterei UND der Rechtssprechung. Dass im gesamten Fachbereich das Recht und die Gerechtigkeit nicht immer übereinstimmen, ist nicht nur für Juristen ein offenes Geheimnis. Doch das würde jetzt zu tief in Philosophie und Ideengeschichte des Staatswesens abgleiten.

Naturgemäß lässt die exakte Rechtswissenschaft oft keine saftig vollendete bis poetische Schreibe zu, deshalb sollte man sich schon auch darauf einstellen, dass hier kein packend verfasster Krimi und keine coole Kletter-Reportage vorliegen. Dennoch sollte oder könnte man sich einlesen – wenn man den Horizont erweitern will; ob als Ehrenamtler im ÖBRD, Funktionär eines alpinen Vereines oder Bergführerin.  

Grenzen für selbstherrliches Tun
Es gibt Bergsteiger bzw. Bergsportler und Kletterer, aber auch Grundeigentümer, die vermitteln nicht nur bei gerichtlichen Auseinandersetzungen den Eindruck, sie hätten immer Recht - ob das nun zutrifft oder auch nicht.

Und lange Zeit schien das Rechthaben und Gschaftelhubern in diesem einstigen Männersport (fast) jeder für sich zu beanspruchen; obwohl sich manche Standpunkte diametral unterschieden und frontal gegenüberstanden. Dass es längst auch rechtliche Grundlagen fürs Klettern und Bergsteigen gibt, spendet vor diesem Hintergrund einen gewissen Trost. Selbstherrliches Tun und Bevormundung anderer bekommen dadurch wirksame Grenzen gesetzt. Das ist die eine Seite.

Viele Dinge, in die man tappen kann
Auf der anderen Seite lauern durch die geltenden Rechtsgrundlagen und mittlerweile doch viele Gerichtsurteile auf Bergsportler und Kletterer diverse „Fallen“, in die man bei Unwissenheit leicht tappen kann, und von denen manche langwierige und schwere Folgen fürs restliche Leben haben können. Diese reichen von hohen finanziellen Belastungen bei Schadenersatz und Besitzstörung bis zu schweren psychischen und emotionalen Belastungen, wenn zum Beispiel bei Kletterunfällen Menschen schwer verletzt oder gar getötet werden.
Klettern boomt wie nie zuvor. Wenn ein prachtvoller Tag lockt, oder an verregneten oder verschneiten Tagen und Abenden die schön geheizte Kletterhalle, dann denken nur wenige an mögliche Schattenseiten. Und beobachtet man so manche methodische Schlamperei beim Sichern  und Sportklettern , dann wundert es viele, dass nicht mehr passiert.

Sachverständige beziehen sich auf Kletterregeln
Auch die Regeln des modernen Klettersports sind in dem neuen Buch skizziert, denn gerade sie bilden bei möglichen Gerichtsverfahren auch für die Justiz eine Basis für mögliche Urteile. Wichtige Akteure sind dabei auch die gerichtlich beeideten Sachverständigen der Justiz, die selbst aus Kreisen der Bergführer, Sportwissenschafter und Bergrettungsleute stammen können.
Wer neue Kletterrouten errichtet oder alte saniert, wer Klettergärten baut oder Klettersteige einbohrt, der oder die gerät heutzutage automatisch im Streitfall über Grundbesitz oder bei Unfällen in juristische Mühlen. Auch über diese Zusammenhänge informiert das neue Buch ausführlich. Was ist zu tun bei einem Kletterunfall? Welche Folgen hat der? Wer haftet wie? Sicherungspartner, Bergführer, Kletterlehrer, Bergretter beim Dorffest, Veranstalter, Hallenbetreiber ...?

Buch dient auch dem Selbstschutz
In dem neuen Buch findet man Antworten auf diese Fragen. Dazu gibt es einen umfangreichen Service-Teil: Klettergebote und Richtlinien des Alpenvereins, ausgewählte Gerichtsentscheidungen, Musterbestimmungen für Hallenbenutzung und Hallenregeln, Glossar mit wichtigen Kletterbegriffen, die auch in der Rechtssprechung Eingang gefunden haben. Das Buch bietet für alle, die den Klettersport drinnen und draußen lieben, eine Art Selbstschutz. Deshalb: Lesen und nicht nur unter den Kopfpolster legen!
Im Vorwort erwähnt Dr. Karl Gabl, leitender Meteorologe in Innsbruck und ehrenamtlicher Chef des Kuratoriums für Alpine Sicherheit, dass es bisher gut gelungen sei, den Bergsport und das Klettern vor der – von Verfechtern einer nie erreichbaren absoluten „Sicherheit“ – immer wieder geforderten Kriminalisierung zu schützen. Dennoch sei es wichtig, dass es rechtliche Grundlagen auch diesen Bereich gibt, betont Gabl.
Peter Veider, Ausbildungsleiter der Tiroler Bergrettung, verweist in seiner Einführung auf den touristischen Schwerpunkt Klettern, der neben dem Wintersport nicht nur für Tirols Wirtschaft immer wichtiger werde:

„Für bereits bestehende Kletterrouten, Klettergärten und Klettersteige ist dieses neue Buch die Basis für ein geordnetes Prüfen oder Sanieren, für alle zukünftigen die juristische Grundlage beim Neubau.“
Die Bergrettung Tirol hat bereits alle ihre 93 Ortsstellen mit jeweils einem Buch von Auckenthaler und Hofer „ausgerüstet“. Zu erwähnen bleibt, dass Rechtsgrundlagen natürlich keine rein Tiroler Errungenschaft sind. Sie gelten bundesweit, und bundesweit gibt es auch Buchhandlungen, wo man das Buch bestellen kann. 

Expedition in den Rechtsstaat
Wer bisher generell den Paragrafen-Dschungeln mit Unverständnis und Ratlosigkeit gegenüberstand, für den oder die bietet das Buch die Chance, über den konkreten Ansatzpunkt Klettersport auch die moderne Welt insgesamt besser verstehen zu lernen.
Das ist eine eigenständige Leistung, die dieses Buch bietet, die Expedition in den modernen Rechtsstaat, der uns als einzige Institution vor Übergriffen im kleinen Raum und vor der Diktatur und dem brutalen "Recht" des scheinbar Stärkeren im großen schützt. Dass dabei nicht immer jene zu ihrem Recht kommen, die wenig Geld haben, das ist auch ein offenes Geheimnis."

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