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Riccardo Cassin________________________________________

Alpiner Prime Donne und Dickschädel

Mit dem italienischen Bergsteiger Riccardo Cassin ist am 6. August 2009 einer der größten "prime donne" des Alpinismus gestorben. Cassin wurde in den Dreißigerjahren durch seine Erstbesteigungen in den damals höchsten Schwierigkeitsgraden bekannt.

Riccardo CassinLegendär auch der Durchsetzungswillen und das Durchhaltevermögen des "Dickschädels", wie ihn seine Frau manchmal schalt, selbst von katastrophalen Wetterbedingungen ließ er sich nicht von seinem Ziel abhalten: "Während ich handle, ist jede auch noch so versteckte Faser von mir an der Anstrengung beteiligt, und oft empfinde ich einen seltsamen Genuss, verursacht durch die Lust, meinen Körper frei im Leeren schwebend zu spüren, durch die Befriedigung, dass die Muskeln ganz meinem Willen gehorchen, und auch durch das physische Vergnügen, die Hindernisse anzugehen, ihre Schwachstelle zu finden und sie zu überwinden." Unabhängig, willensstark und an seinen Erfolg glaubend stürmte Cassin stets voran – und das bis ins hohe Alter: "Solange ich jung war, bis sechzig, ging ich nie als Seilzweiter – nie!"

Solange ich jung war, bis sechzig, ging ich nie als Seilzweiter – nie!

Riccardo CassinDer im friaulischen San Vito al Tagliamento geborene Cassin erlernte das Handwerkszeug des Kletterns an den Felsen der Grigna oberhalb Leccos. Berühmt wurde er durch Erstbegehungen in den Dolomiten, wie 1935 die Torre-Trieste-Südostkante und die Nordwand der Westlichen Zinne, 1937 die Nordostwand des Piz Badile (die er noch im Alter von 78 Jahren wiederholte), 1938 den Walkerpfeiler an den Grandes Jorasses. 1958 wurde Cassin mit der Leitung der zweiten italienischen Karakorumexpedition betraut, in deren Rahmen der schwierige Beinahe-Achttausender Gasherbrum IV von Walter Bonatti und Carlo Mauri erstmals bezwungen werden konnte. Weitere Expeditionen führten ihn 1961 zur Südwand des Mount McKinley und 1969 zum Jirishankar in Peru. Cassins letzte große Expedition 1975 hatte die Lhotse-Südwand zum Ziel.
Cassin machte sich auch als Entwickler moderner Bergausrüstung einen Namen. Im Jahre 1947 begann er mit der Entwicklung und Produktion von Felshaken. Felshämmer, Eispickel und Eisenkarabiner folgten. Cassin baute schließlich eine eigene Bergsportfirma auf und blieb bis ins hohe Alter aktiver Kletterer.

Riccardo Cassin

Cassin starb im Alter von 100 Jahren am 6. August zu Hause in Resinelli am Comer See.
Buchtipp:
Erster am SeilRiccardo Cassin: Erster am Seil
AS Verlag, ISBN 9783905111989.


Die umfangreich illustrierte Autobiografie dokumentiert seinen Aufstieg vom Grigna-Kletterer zum führenden Felskletterer seiner Zeit. Sie verschweigt aber auch nicht die Schrecken des Partisanenkampfes im Zweiten Weltkrieg oder bittere Enttäuschungen seines Lebens wie die verhinderte Teilnahme an der erfolgreichen K2-Expedition 1954.
Bilder:
Die Bilder wurden uns freundlicher Weise vom AS-Verlag zur Verfügung gestellt. Sie stammen aus dem Buch: Riccardo Cassin. Erster am Seil, AS Verlag, Zürich 2003