Frühlingserwachen.
Jeder Bergsteiger kennt das befrühlingte Gefühl, wenn im Tal
alles blüht und zwitschert, man endlich wieder das Sommer-T-Shirt
überziehen kann und es unwiderstehlich in den Beinen juckt: Jetzt
geht es endlich wieder los und hinauf! Der Berg ruft! Kein hinderlicher
Schnee mehr, keine Kälte, nur eitel Wonne.
Nein, dem ist nicht so, gerade bei den ersten Frühjahrstouren kann
es passieren, dass es die letzten des ganzen Jahres werden. Allzu voreilig
und unvorbereitet losgestürmt und einige wesentliche Punkte übersehen,
und schon vermiest man sich die eigentlich schönste Jahreszeit des
Jahres.
Langsam starten, Fitness aufbauen
Eine alte
Bergsteigerregel besagt, dass die Tour nicht am Gipfel endet, sondern
erst mit der Rückkehr zum Ausgangspunkt. Nach dem Aufstieg folgt
eben ein ebenso langer Abstieg. Hat man eine längere Winterpause
hinter sich, werden weder Fitness, Kondition noch Trittsicherheit so gut
sein wie am Ende des letzten Sommers. Unüberlegt losgestürmt
- und man verdirbt sich womöglich die gesamte restliche Outdoor-Saison.
Wer den Winter über mit Skiern unterwegs war, sollte bedenken, dass
nun nicht mehr eine gemütliche Abfahrt die Tour
beschließt, sondern ein vielleicht beschwerlicher Abstieg!
Auch die Motorik des Skitourengehens ist eine andere als die des normalen
Bergaufsteigens. Heißt: Manche Muskelpartien können sehr wohl
Sand im Getriebe haben.
Der menschliche Körper ist vereinfacht auch mit einem
Automotor vergleichbar. Das Einfahren eines neuen Motors entspricht dem
Training des Alpinisten. Als Kraftstoff dient dem Menschen richtige Ernährung
und optimale Flüssigkeitszufuhr. Das Warmlaufen eines kalten Motors
entspricht dem vorsichtigen Warmgehen des Bergsteigers am Beginn der Tour
bzw. der Bergsaison. Und wer den Zeiger seines Drehzahlmessers immer wieder
und zu früh in den roten Bereich hinaufjagt, den wird sein Motor
bald in Stich lassen. Diese "Überhitzung" wird dann sichtbar,
wenn schon kürzere Touren zu vorzeitiger Ermüdung und Erschöpfung
führen. Wer immer wieder rasten muss und sich gerade noch mit letzter
Kraft und ausgelaugt auf den Gipfel schleppt, gefährdet damit nicht
nur sich selbst, sondern auch seine Partner.
Vorbereitendes Ausdauertraining, das Basistraining des Freizeitalpinisten, macht Herz und Beine fit! Günstig sind dabei vor allem Gelände(Wald-)Läufe mit wechselndem Auf und Ab, andere Ausdauertrainingsformen wie Radfahren
oder Skilanglauf bringen laut Sportmedizin einen vergleichsweise geringeren
Trainingseffekt. Auch Nordic Walking erhöht die Kondition.
Zu trainieren begonnen soll mindestens sechs bis acht Wochen vor Beginn
der Bergsaison, möglichst aber das ganze Jahr hindurch täglich.
Für die Frequenz des Ausdauertrainings gibt es keine einheitliche
Richtlinie. Ob 20 Min., eine halbe Stunde jeden oder jeden zweiten Tag
bestimmen der Körper und der Fortschritt des Trainings.
Von Winter- auf Sommerzeit umstellen
Gehzeiten,
Gehweise und Untergrund im Winter unterscheiden sich wesentlich von den
sommerlichen. Langsam sollte man die eigene Gehweise wieder auf Sommerzeit
umstellen.
Für
die ersten Frühjahrstouren sollten kürzere Etappen als im Herbst
geplant werden. Die Tage sind noch bis in den Mai hinein kürzer,
zum anderen können widrige Wetter- und Wegverhältnisse das Vorankommen
erschweren. Die Rückkehr sollte am frühen Nachmittag geplant
sein, so dass genügend Reservezeit vor Einbruch der Dunkelheit bleibt.
Nicht so hoch hinaus
Während
im Tal schon der Frühling zwitschert und blüht, kann in höheren
Lagen noch tiefer Winter herrschen - mit viel Schnee, Firn, vielleicht
sogar Eispassagen. Frühlingsbeschwingte Wanderer sollten diese Regionen
meiden, da für diese Verhältnisse eine andere Ausrüstung
erforderlich ist (Pickel, Steigeisen, Schneeschuhe). Panoramacams verraten, wie hoch der Schnee am Zielgipfel liegt, auch die Hangrichtung,
die Höhe und die geografische Lage des Berges entscheiden mit, ob
schon eine problemlose Frühlingstour möglich ist oder nicht.
Gerade aber der Wechsel von Frühlings- und Winterverhältnissen
kann Frühjahrstouren auch durchaus reizvoll und interessant machen
- nur ausgerüstet sollte man dafür sein.
Die
richtige Frühlingsausrüstung
Eine gute
Ausrüstung alleine macht noch keinen guten Wanderer - aber sie trägt
entscheidend zum Erfolg seiner Unternehmung bei. Vor den ersten Frühjahrstouren
sollte die Ausrüstung einer gründlichen Überprüfung
unterzogen werden. Ist noch alles in Ordnung, kann man sich auf das Equipment
auch in extremeren Situationen verlassen? Oder
wir es Zeit für ein neues Paar Schuhe,
weil von den alten profillose, ausgelatschte Museumsstücke übriggeblieben
sind? Die Schuhe sind die Reifen des Menschen, auf ihnen ruht im wahrsten
Sinn des Wortes die größte Last beim Bergwandern, deswegen
sollte hier nicht gespart werden. Auf eine anspruchsvolle Bergtour durch
tiefen Boden und Matsch, über Schnee- und Firnfelder bei Nässe
und womöglich stürmischen Verhältnissen sollte man sich
niemals ohne stabile Trekkingstiefel mit griffiger Profilsohle und wasserdichtem
Obermaterial wagen. Im Schuh haben Baumwollsocken nichts verloren. Um die Füße
keinem Schweißbad zu unterziehen, gibt es schon funktionelle Trekkingsocken,
die mit Schweiß erst gar keine Beziehung eingehen. Entschließt
man sich für neue Schuhe - unbedingt bei kürzeren Touren oder
gar zu Hause eingehen.
Gerade im
wechselhaften April kann das Wetter plötzlich von sonnig auf Regen,
vielleicht sogar Sturm umschalten - wasserdichte Überhose und Regenjacke
schützen nicht nur bei kalten Duschen, sondern auch vor kaltem Wind
am Gipfelplateau. Baumwollunterwäsche
sollte nicht mehr in der Ausrüstungslade zu finden sein - nimmt sie
doch wie ein Schwamm allen Schweiß auf und gibt nichts mehr ab davon.
Das nasse Hemd klebt auf der Haut, bei der kühlen Witterung im Frühjahr
eine immense Gefahr, die schönste Zeit des Jahres im Bett zu verbringen.
Deshalb vielleicht einmal etwas mehr in gute Funktionswäsche aus Schweiß transportierendem Material investieren, um über
die kommenden Jahre sicher und trocken zu bleiben. Und kommt es doch zu
einem Schweiß treibendem Anstieg oder bis auf die Haut reichenden
Regen, wäre anzuraten, leichte Ersatzwäsche zum Wechseln dabei
zu haben.
Die Wege
im Frühjahr sind oft noch matschig, rutschig, zum Teil schneebedeckt,
die Beine vielleicht noch nicht kräftig genug, um Ausrutscher abzufangen.
Deshalb sind in den ersten Wanderwochen Stöcke zu empfehlen.
Während
vor der Haustüre vielleicht fast schon sommerliche Temperaturen herrschen,
können vor allem im Frühjahr um die Gipfel noch eiskalte Windböen
fegen. Mütze, Handschuhe und eine warme Fleecejacke gehören deshalb unbedingt in den Rucksack, wenn sie nicht sowieso
das ganze Jahr über darin beheimatet sind.
Softshell oder Fleece+GoreTex?
Diese Frage
werden sich heuer viele stellen: "Lege ich mir eine Softshell-Jacke
zu oder belasse ich es bei der bewährten Kombination Fleece - GoreTex-Jacke?"
Softshell,
seit letzter Wintersaison ein neuer, aber teurer Trend, soll die Lücke
zwischen winddichtem Fleece und leichter Regenbekleidung schließen.
Atmungsaktiv, weitgehend winddicht, abriebfest, stark wasserabweisend
und leicht, verbunden mit hohem Tragekomfort - so das Versprechen der
Werbung. Eine scheinbare NEUERFINDUNG der Jacke, realiter aber ein neuer
Seller, der wieder Geld in die aperen Kassen der Sportabteilungen bringen
soll.
Der größte
Vorteil einer Softshell liegt in ihrer Vielseitigkeit: Sie hält
warm, steckt nicht nur windiges Wetter weg, sondern trotzt auch leichtem
Nieselregen. Außerdem trägt sie sich angenehmer als eine wasserdichte
Jacke. Das war's aber schon mit den Argumenten für eine Softshell.
Regnet es "in Schaffeln", ist sie machtlos - und muss die GTX-Regenjacke
ran. Das selbe gilt bei kaltem Wind. Stürmt es frostig, wird man
mit einer dicken Fleece-Jacke besser gewappnet sein.
Ich würde die Verwendung einer Softshelljacke von der Länge
der Tour und der angepeilten Höhe abhängig machen. Für
einen befrühlingten Spaziergang im Wienerwald bis etwa 500 Hm reicht
die Softshell, ja spielt sie hier alle ihre Vorteile aus: Platz sparend,
atmungsaktiv, resistent gegen eventuelle Himmelsergüsse, wärmend
bei kleineren Pausen, wehrhaft gegen Windbrisen - kann sie bei Eingehtouren
und kurzen Ausflügen durchaus ein verlässlicher Begleiter sein.
Für längere Touren über 1000 m würde ich schon eine
Regenjacke mitnehmen, für Tagestouren über 2000 hat die Softshell
zumindest in meinem Rucksack nichts mehr verloren - ihren Platz nehmen
statt dessen eine dicke Fleecejacke und eine ordentliche Gore-Tex-Überbekleidung
ein - gegen Schneestürme am Gipfel und längere Duschen ist die
Softshell very softy.
Heiße Getränke
Was man im
Winter in die Thermos gefüllt hat, sollte auch noch im Frühjahr
drin sein: Heiße Getränke. Wie gesagt: Die Tage im April/Mai
können über 1000 m genauso nasskalt sein wie im tiefsten Winter.
Aufwärmen nach Ruhepausen
Gerade in
kühleren Zeiten wie diesen, ist es sinnvoll, den Körper nach
längeren Pausen wieder aufzuwärmen, Dehnübungen zu absolvieren,
um die Muskeln, Schultern und Gelenke zu lockern und Verkrampfungen bzw.
Muskelverletzungen zu vermeiden.
So, das
war's, angenehmes Frühlingserwachen! |