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Elbrus, der weiße Berg

Intro - Anreise

Eisgepanzerte Bergriesen und schroffe Felszinnen, zerklüftete Gletscher und idyllische Täler, wilde Flüsse und stille Bauerndörfer - der Kaukasus, Pflicht für jeden Globetrotter und Alpinisten. Und auch der für viele höchste Europäer, der Elbrus, ist Meter für Meter ein echter Russe: rau mit sanftem Kern, wild mit gutmütigen Seiten, einst ein feuriger Vulkan, nun ein sanfter Eisriese.
Nur elf Kilometer nördlich der Kontinentalgrenze erhebt sich der 5.642 Meter hohe Westgipfel zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer
in den Himmel. Der "weiße Berg" ist schon seiner Ausblicke, seiner umliegenden Berglandschaft und seines so typisch russischen Charakters ein Erlebnis.

Die Normalroute von Süden, wie sie im Folgenden beschrieben wird, ist die einfachste und verlangt kaum technische Voraussetzungen. Allein schnell umschlagende Wetterverhältnisse, damit zusammenhängende eisige Stürme und die Länge der Gipfeletappe machen den Elbrus doch zu einem recht ernst zu nehmenden Touren-Projekt.

Wie bei meinen früheren Expeditionen überließ ich auch diesmal Organisation, Transfers und Behördengänge den bewährten Händen der Ruefa (vormals Verkehrsbüro). Und auch diesmal wurde ich nicht enttäuscht. Alles klappte wie am Schnürchen (die Transfer-Taxis waren sogar unerträglich pünktlich): die Betreuung in Moskau und am Elbrus, die Hotelunterbringung, die Erledigung der Formalitäten - da gibt es nichts zu bemängeln, beruhigt konnte ich mich aufs Training und die eigentliche Tour auf den Elbrus konzentrieren.

Wien - Moskau

Flugzeit: 2 ¼ Stunden
Zeitunterschied: Plus 2 Stunden

 

 

 

Blick vom Hotelzimmer auf Roten Platz
Der Rote Platz direkt unter dem Hotelfenster

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Kaufhaus GUM
Im Kaufhaus GUM

Die Flugzeit wie überhaupt der Transfer bis ins "Basislager" unseres Zielberges ist angenehm kurz bemessen, sodass kein besonderer Energie- und Zeitverlust zustande kommt. Allein der Checkout in Moskau dauert fast so lange wie der gesamte Flug. Erwartet werden wir von Nadja, unserer Betreuerin in Moskau. Per Taxi ins Hotel Rossija direkt am Roten Platz. Dieses größte Hotel Moskaus mit 3600 Betten hat Geschichte und wird bald Geschichte sein. 1967 zum 50. Jahrestag der Oktoberrevolution eingeweiht, erlebte es alle Höhen und Tiefen der russischen Zeitgeschichte. Nun soll es bald abgerissen werden. Für die einen ein Symbol der sowjetischen Neuzeit, für andere ein Schandfleck – das Rossija ist auf jeden Fall ein Zeitzeuge, der fehlen wird.
Wir fühlten uns hier pudelwohl. Von fast jedem Zimmer ein imposanter Ausblick auf den Roten Platz, Dusche, WC und eine "Aufpasserin" auf jedem Gang, die Getränke verkaufte und auch gerne weiterhalf, wenn man z.B. das Frühstücksbuffet suchte. Tatsächlich fanden wir uns in dem riesigen Komplex schwerer zurecht als an den Gefielden des Elbrus.

Am Roten Platz

Wer sich auch nur wenige Stunden in Moskau aufhält wie wir, sollte unbedingt den Roten Platz besuchen. Gewaltig, vielfarbig, imposant - so präsentieren sich die vielen Kathedralen, Kapellen und Gebäude rund um den gigantischen Platz. Die Basilius-Kathedrale, das Lenin-Mausoleum, der Kreml, die vielen an den Regierungskomplex geschmiegten Parks, Brunnen und kleinen Grillgärten füllten unseren ersten Abend in Russland bei weitem. Erst bei unserer Rückreise werden wir Zeit haben, in den Kreml selbst zu gelangen. Auch im Schnelldurchlauf lassen sich Basiliken, Kathedralen, Museen, Galerien und das berühmte Kaufhaus GUM besichtigen.

Einer der Kathedralen im KremlKunstwerke
Im Kreml

Moskau - Mineralnye Vody (1 ¾ Stunden) - Cheget (2.100 m, 3 Stunden von M. V.)

 

 

 

 

 

 

 

 

In einem der Restaurants

Am Bazar

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eduard
Eduard

 

 

Die Crew
V.l.n.r.: Thomas, Maria, Josef, Wolfgang, Eduard, Roland

Weiter per Inlandsflug nach Mineralnye Vody (= Mineralwasser). Problemloses Einchecken. Mit einer Sibirian Airlines-Maschine, die bei der Landung die halbe Innenverkleidung verliert, in Richtung Mineralnye Vody. Ein Taxibus bringt uns ins Hotel "Ezen" von Cheget, einem Vorort des üblichen Basis-Stützpunktes Terskol.

Grill

Im Gegensatz zur verbauten Geisterstadt Terskol (das Kitzbühel Russlands) handelt es sich bei Cheget um ein gemütliches Dorf, um dessen Zentrum sich Restaurants, Cafès und sogar ein kleiner volkstümlicher Bazar reihen, wo bäuerliche Produkte, Souvenirs und Kleidung angeboten werden. Vor den Terrassen der Gaststätten rauchen den Tag über kleine Grillöfen, die berühmten Schaschlik-Spießchen finden reißenden Absatz. Morgens und abends liefert ein Bäcker Weißbrot, bis spät in die Nacht sitzen Einheimische, Touristen und Bergsteiger beisammen und genießen das nach gegrilltem Fleisch duftende Flair eines russischen Dorfes mit unaufdringlicher touristischer Ausrichtung.

Auch das Hotel "Ezen" steht in Gemütlichkeit und Komfort unseren Pensionen in nichts nach. Die Zimmer jeweils mit guten Betten, Bad und hübschen Ausblicken auf Dorfplatz und umliegende Hügel ausgestattet, der Betrieb familiär - ein phantastischer Ort zum Wohlfühlen und Entspannen.

Das Hotel Ezen
Das Hotel "Ezen"

In Empfang nimmt uns Eduard, ein junger, russischer Bergführer mit Deutschkenntnissen. Er wird uns die kommenden Tage bei den Aufwärmtouren, dann bis zum Gipfel des Elbrus und wieder zurück begleiten, wird in der Prijut 11 für uns kochen und uns manch interessanten Einblick in die russische Lebensweise gewähren. Sein Traum: Eine eigene Bergführerschule. So wie er die Sache anpackt, wird es ihm sicher gelingen. Erst seit Kurzem mit einer Rechtsanwältin verheiratet, symbolisiert sich in diesem Paar die neue, nach wirtschaftlicher Unabhängigeit strebende Generation Russlands. Modern denkend, zukunftsorientiert, aber auch mit einer ordentlichen Portion Sturheit und Stolz ausgestattet, werden Eduard und seine Frau uns Mitteleuropäern bald das Fürchten lehren.

Aber wer ist noch mit von meiner Partie? Maria und Wolfgang, ein weit gereistes Bayerisches Pärchen. Maria, die ihre Energie einzig aus Schoko- und Müsliriegeln schöpft, peilt den Elbrus-Gipfel an, während sie Wolfgang hingegen nur als Bodyguard begleitet. An einer Art Schneeallergie leidend, wird er sich kaum aus der Prijut 11 herauswagen. Energieriegel Maria und ihr Bodyguard Wolfgang - ein herrlich uriges Pärchen. Nichts aber gegen Roland, den Frankfurter Waldschratt. So wie er aussah, sprach und sich gab, hätten wir ihn leicht als Modell-Russen verkaufen können. Anfangs sehr still und kaum wahrnehmbar, wird er aber die Geschichte dieser Tour gehörig mitbestimmen. Der Kuriositäten nicht genug, ist da noch unser Josef. Ein Alpenvereins-Urgestein aus Wien, weitgereist bis in die fernsten Ecken der Welt und ein Geschichtenerzähler, dass man Bibliotheken mit seinen Erinnerungen und Witzen füllen könnte.

Die ersten Schritte im Kaukasus

Cheget - Cheget Bashi (3.500 m)

HM 1.400 m / GZ 7 Stunden
Seilbahn-Fahrzeit: 30 Minuten

Der Elbrus

 

 

 

 

 

 


Erste Aufwärmtour

Die erste Aufwärmtour führt uns auf den Cheget Bashi, einen grandiosen Panoramaplatz über dem Baksan-Tal. Direkt von Cheget über Wiesen und Bergstraßen hoch, immer begleitet von majestätisch über uns kreisenden Adlern. Hinter der Liftstation zeigt sich unser doppelgipfeliger Vulkan Elbrus erstmals in voller Pracht. Auf der anderen Seite des Baksan-Tales der Dongus-Orun (= wo die Schweine schwimmen) und der Gletscher "Sieben" mit der Form eines 7ers.
Auch hier habe schon die große Gletscherschmelze eingesetzt, erzählt Eduard. Dennoch scheint das ewige Eis im Kaukasus fülliger, fetter, sauberer zu sein als bei uns in den Alpen.

Der Dongus-Orun

Auf dieser Eingehtour bekommen wir erstmals auch einen atemberaubenden Eindruck von der Wildheit und Weite der Kaukasus-Landschaft, aber auch vom uns fremden Mikrokosmos zu unseren Füßen. Über Geröll, Wiesen und Schneefelder auf den vereisten Vorgipfel des Cheget Bashi. Bodyguard Wolfgang bleibt ob seiner Schneeallergie zurück, Da-kenn-ich-eine-Geschichte Josef schnauft ein wenig, Waldschratt Roland stapft mit Turnschuhen behende hoch. Ja, es ist gut hier zu sein. Der Kaukasus ist jeden Schritt wert. Der Gipfel des Cheget Bashi selbst ließe sich nur über einen scharfkantigen, felsigen Grat erreichen, was wir bleiben lassen, um kein unnötiges Risiko einzugehen.

Auch der Abstieg ist nicht von schlechten Eltern, landen wir doch nach nur einer Stunde wieder bei der Seilbahnstation mit seinem stets geöffneten Restaurant, wo uns Eduard ein feines Barbecue samt Lammspießchen, Käsepalatschinken und Bierchen organisiert. Und es mundet vorzüglich.

Barbecue ...

Von hier per Seilbahn direkt nach Cheget hinab. Na, wenn's so weitergeht, dürfte der Elbrus zum reinsten Spaziergang werden!

Cheget von oben
Abfahrt mit mittelalterlichem Lift nach Cheget

Alpinbasis Jangutan im Adislu-Tal (2.900 m)

HM 700 m / GZ 7 Stunden

Pass nicht vergessen! Da die georgische Grenze nahe liegt, werden eingangs des Tales die Papiere kontrolliert.

Faszinierende Landschaft

Nur nicht überanstrengen, heißt auch heute die Devise. Die zweite "Akklimatisationstour" führt uns ins herrliche Adislu-Tal zum Basislager Jangutan. Solche Aufwärmtouren haben es an sich, dass man fernab des angepeilten Modeberges den Charakter des umliegenden Gebietes wirklich kennenlernt, in unserem Fall den Kaukasus von seiner sanftesten, farbigsten und ursprünglichsten Seite. Von der Grenzstation (Pass nicht vergessen!) und einem Sportler-Hotel durch ein beeindruckendes Flusstal, das, links und rechts von Eisriesen flankiert, in einem breiten Moränentrichter endet. Unweit einer Biwakschachtel ein kleiner Zeltplatz für Alpinisten und Trekker. Von hier über einen Moränenwall bis zum Lager Jangutan, 2.900 m.

Für den Gumachi Peak (3.500 m), zu dem ein breiter Gletscher und der Gumachi-Pass (3.300 m) führen, ist's für uns leider zu spät, die Sonne für manch überreife Eislawine zu stark.