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Beisteinmauer
Klettern überm Feiteltal

Beisteinmauer

Klettersteig, Trattenbach im Ennstal, 2014; Text/Bilder: © Thomas Rambauske

Über dem Trattenbacher "Tal der Taschenfeitel" im Ennstal erhebt sich die senkrechte Beisteinmauer, wo kürzlich mehrere Ferrata-Routen eröffnet wurden. Wir probieren eine davon aus.

Die Route

Das Schnalzen zuklappender Karabiner, ihr Rasseln, wenn sie über das Drahtseil rutschen, die am Felsen widerhallenden Juchzer von Kletterern, die eine Schlüsselstelle überwunden haben, vereinzelt zu vernehmende Kommandos wie "Das linke Bein hoch bis zur Stufe!" – das alles bildet die Hintergrundmusik, die Klettersteig-Begeher so lieben. Im neuen Kettersteig-Park Beisteinmauer hoch über dem Ennstal ist diese Musik besonders vielstimmig, denn der jetzt schon überaus beliebte Park wurde erst Mitte Mai 2014 eröffnet und bietet alles, was sich Ferratisti wünschen: sportliche, abwechslungsreiche und perfekt gesicherte Routen, eine großartige Umgebung und eine leichte Erreichbarkeit – vornehmlich mit der ÖBB via Bahnhof Trattenbach bei Ternberg.

Beisteinmauer

Zum Aufwärmen wandern wir zum Fuß der Wand und erleben dabei ein kleines, aber feines kulturgeschichtlichen Aperitif: das "Tal der Taschenfeitel". Man kennt und liebt diese Taschenmesser, deren Klinge man bis zur BeisteinmauerHälfte in den Holzschaft klappt ("Feitel" von "falten") und mit denen wir einst den Jausenspeck geschnitten und Äpfel geschält haben. Hier in Trattenbach haben diese Messer eine jahrhundertelange Tradition, wie man am Weg durchs Trattenbachtal erleben kann. Gleich nach der Bäckerei Kleindl etwa die letzte noch aktive Feitel-Produktion, die Manufaktur Löschenkohl, wo auf Wunsch in die Kunst der Feitelherstellung eingeweiht wird. Gleich darauf das Museum in der Wegscheid, das in einem ehemaligen Werkstättengebäude Exponate, altertümliche Maschinen und andere Zeitzeugnisse aus 500 glorreichen Jahren im Zeichen des Taschenfeitels zeigt.
Dann aber: Ferrata statt Feitel! Beim Museum zweigen wir nach links auf den "Beistein Rundwanderweg" ab, um über Trattenbach hinweg durch Wiesen und ein Wäldchen zum Parkplatz des Klettergartens zu gelangen. Die Anzahl der Ferratisten verrät: Hier ist ein Hit entstanden, finden sich doch auf engstem Raum etliche Klettersteige unterschiedlichster Schwierigkeit. Nur wenige Minuten sind es zum Einstieg. Wir beginnen mit dem Hetschi-Klettersteig, der zusammen mit der Karin-Route die längste und "leichteste" Route ergibt. Ein Klacks sind beide Steige nicht, denn Stellen mit der Schwierigkeit C verlangen einiges an Geschicklichkeit, Kraft und Ausdauer; dennoch bleibt genug Gelegenheit, den Kopf zu drehen und über die waldreiche Hügellandschaft des Ennstales zu schauen. Die Idee zu dieser neuen Klettersteigarena stammt von Michael Großalber, dem Alpin- und Kletterreferenten der Naturfreunde-Ortsgruppe Ternberg-Trattenbach. Der passionierte Bergsteiger erkannte eine "Marktnische" in der an Klettermöglichkeiten doch recht armen Region, fand in der Beisteinmauer einen geeigneten Felsen und in seinen NaturfreundInnen begeisterte HelferInnen. Mehr als 2.400 Stunden haben die in den letzten eineinhalb Jahren ehrenamtlich zugepackt und einen grandiosen Klettersteig-Park geschaffen. Bei einer Holzplattform mit Bank ist das Ende des Hetschi-Steigs erreicht.
Halbzeit.
Über uns baut sich der Rest der Wand wie eine vertikale Arena auf und zeigt, was sie kann – und was KletterInnen können müssen, um bis zum Gipfel des Beisteins zu gelangen. Durch die Mauer führen neben einem Übungsklettersteig und der extrem schwierigen Mammut-Route (E) vier weitere Varianten in den Schwierigkeitsgraden C und D. Zu den Knüllern zählt eine 15 m hohe Aluleiter und eine von der Plattform quer über den Wandfuß ziehende, 63 m lange Hängebrücke.

Beisteinmauer

Wer nun schon genug hat, kann hier auf einem Wanderpfad ins Tal zurückwandern oder aber über die leichten Abstiegssteig (A-B) zum Gipfelkreuz hochsteigen. Wir, die wir gern die Wand hochgehen, wechseln nun in den Karin-Klettersteig, deren zwei längere C-Passagen etwas schwerer sind als die der Hetschi-Route. Sind die senkrechten Platten einmal geschafft, lässt der Weg ein wenig nach, setzt nochmals an, ehe eine Kante zum nur wenige Meter abseits gelegenen "Brunner-Bankerl" führt. Dieses urige, in den Felsen geschraubte Sitzplatzerl bietet grenzenlose Bein- und Blickfreiheit ins Ennstal. Die letzten Meter zum Gipfelkreuz sind nicht schwer.

Ausstieg

Für den rund 20-minütigen Abstieg wurde ein teilweise versicherter und mit Leitern versehener Steig angelegt (A, eine Stelle B). Wer dann noch nicht genug hat, klettert die "Großalber Route", mit D/E schon ein kleines Meisterstück. Wie auch immer, nach dem Kraxelspaß folgen wir der Fahrstraße zur Drah-Hütt‘n im Trattenbachtal, wo wir einkehren und der daneben liegenden Drechslerei einen Besuch abstatten könnten, um dort unsere eigenen Taschenmesser anzufertigen. Womit wir wieder bei den Feiteln wären ...

Ausgangspunkt:
Route:
Trattenbach – Museum in der Wegscheid – Parkplatz – Klettersteig-Park Beisteinmauer – Retourweg über die Drah-Hütt‘n nach Trattenbach
Gesamtgehzeit (in Stunden):
vom Bahnhof zum Einstieg ca. 30 min, Kletterzeit: 40–50 min, Abstieg 20 min.
Schwierigkeiten:
Auch in den „leichtesten“ Routen wie im Hetschi und im Karin-Steig muss die Schwierigkeit C beherrscht werden (hohe Anforderungen an Kraft, Ausdauer und Geschicklichkeit)
Eignung für Kinder:
für Kinder ist keiner der Klettersteige geeignet
Ausrüstung:
Einkehrmöglichkeiten:
Drah-Hütt‘n
Karte:
Kompass WK 70, Nationalpark Kalkalpen
Hilfreiche Links:

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