Vü Botanik, a saftig's Bratl und a bärig's G'fühl!
Genau
so müsste der Titel für unsere Tour lauten, schriebe jemand
eine Reportage darüber.
Das
Mariazeller Land gehört, was seine Landschaft, seine Vielfalt
und Gastfreundlichkeit betrifft, zum besten, was Ost-Österreich
zu bieten hat: Die Walstern zum Beispiel, jenes landschaftlich
wohl einmalige Seitental beim Halltal, mit seinem stillen Hubertussee,
dem glasklaren Walster-Bach und dem romantischen Fadental,
Mariazell selbst, das sich trotz nie endenden Wallfahrerstroms
seine Bedächtigkeit und Würde bewahrt hat, der Erlaufsee,
ich wage zu behaupten, einer der schönstgelegenen und saubersten
Badeseen Österreichs, und die über dem See aufragende Gemeindealpe
mit dem einladenden Terzerhaus - allesamt landschafltiche Schmuckkastln
für sich, überreich an Ein- und Aussichten, faszinierenden
Mikrokosmen und sympathischen Menschen.
Wie
aber all das miteinander verbinden, auskosten, in vollen Zügen
und an einem Tag genießen? Die Idee kam mir an einem faulen
Tag am Erlaufsee: "Fahren wir doch mit dem Rad durch Walstern
und Mariazell bis an den Erlaufsee, steigen wir von dort auf die Gemeindealpe
- inklusive "Bratl-Essen" im Terzerhaus - und durchschwimmen
zur Belohnung den Erlaufsee von einem zum anderen Ufer", schlug
ich meinem Bruder und seinen damals 13jährigen Sohn Berni vor.
Beide waren begeistert von diesem Triathlon - und sind es heute
noch, zumal diese Unternehmung in allen Kategorien Höchstnoten
verdient:
Action-
und Spaßfaktor - 10
Naturerlebnis - 10
sportliche
Herausforderung - 10
kulinarisches
Angebot - 10
Ein
Tipp vorweg: Es geht
hier weder darum, so schnell wie möglich, noch als erster im "Ziel"
zu sein! Das Ziel ist das Erlebnis an sich, der Genuss -
also oft stehen bleiben, verweilen, wo es sich zu verweilen lohnt, schauen,
entdecken, genießen.
Wir
beginnen unseren Triathlon bei der berühmten "Wuchtlwirtin"
(Bergziegen, Hasen und anderes Getier zum Streicheln!) - mit einem ordentlichen
Frühstück und der Spezialität des Hauses: Wuchtln
mit Vanillesauce und/oder mit Schokolade und/oder Schlagobers
und/oder ... Zugegeben: nicht das optimale Sportlerfrühstück,
aber auf jeden Fall das gaumenfreudigste.
Dann
auf die Drahtesel geschwungen und los gestrampelt in Richtung Hubertussee,
diesen einmal umfahren, durch einen Felstunnel, an der Bruder Klaus
Kirche, der Hubertuskapelle (Infos unten!) und anderen Sehenswürdigkeiten
vorbei, öfter stehen geblieben und die Forellen im See beobachtet.
Am Ostufer passieren wir einen Tunnel, die Staumauer des Sees, einen
künstlichen Wasserfall und folgen ab nun der glasklaren,
smaragdgrünen Walster, an dessen Ufer nicht nur idyllische
Lichtungen zum Verschnaufen einladen, sondern auch geschichtsträchtige
Denkmäler wie das Kaiser- oder Kriegerdenkmal im
Rechengraben (Infos siehe unten).
Nach
einiger Zeit verengt sich das schmale Tal zu kleinen Schluchten; hoch
aufragende, mit Moosen und Farnen bewachsene Felsen zwängen Bach
und Straße Seite an Seite durch den engen Felsdurchbruch. Dann
weichen die Felswände wieder zur Seite und machen Platz für
Weiden- und Erlenwälder - "vü Botanik", staunt
Berni. Sanft bergab durch den Rechengraben bis zur Mariazeller
Brundesstraße.
Diese
nach rechts, von der Salza begleitet durch Halltal bis
zum Kreuzberg, dem Kriterium der Rad-Etappe. Im Gefolge einiger
Wallfahrer bergauf geschnauft, durch oder um Mariazell
bis zur Abzweigung "Erlaufsee", durch St. Sebastian
(Achtung Gleisquerung!) - nach 10 Minuten sind wir dort angelangt, fahren
am westseitigen Ufer des spiegelglatten Sees entlang bis zum Seewirt
- 2. Frühstück.
Ausgehend
vom Gasthof "Seewirt" (832m) der blauen Markierung
nach in Richtung "Erlauf Ursprung" (Brunnsteinweg). Über
eine Asphaltstraße am 1613 erbauten Lindenhof vorbei, auf
einer Forststraße bis zu einer Straßengabelung, wo uns ein
Schild mit "Gemeindealm/Halterhütte" nach links weiterleitet.
Nach einer kurzen Waldpassage gelangen wir zum Erlaufursprung
(30 Minuten). Eine Info-Tafel erklärt uns die geologischen Eigenheiten
dieses Platzes:
Der
Erlaufursprung: Eine aus karst-hydrographischer Hinsicht interessante
Erscheinung. Meist nur als trocken liegendes Bachbett anzutreffen,
wo an einer Verwerfung der Eingang zu einer Höhle wegführt.
In Trockenzeiten konnte ca. 30 Meter dieser schachtartigen Hohlräume
befahren werden /.../ Bei starken Regenfällen und Schneeschmelze
füllen sich die Hohlräume in kurzer Zeit. Dann funktioniert
die Höhle als "Wasserspeier", in dem eine mächtige
"Überfallquelle" hervortritt.
Gleich
anschließend steiler durch Wald. Nach etwa einer Stunde überqueren
wir eine Forststraße (Wegweiser "Halterhütte/ Gemeindealpe")
und gelangen zum sog. Marmorsteinbruch. Eine Tafel erklärt
uns dessen Bewandtnis:
Einstige
Abbaustelle des Brunnsteiner Marmors. Ende des 17. Jhds. wurden oft
riesige Blöcke des meist rotgeaderten Gesteins mit Ochsenschlitten
nach Mariazell gebracht. Sie dienten als wesentliche Bausteine des
barockisierten Innenraums der Basilika. /.../ Die weiße oder
rötliche Färbung /.../ hat sich aus Seelilien gebildet.
Beim
Steinbruch auch eine Trinkwasser-Quelle. Weiter durch würzig
duftende Farn- und Enzianfelder bis zu einem Wegweiser, rot markiert
(Achtung: Manche Markierungen sind stark verblasst oder gar nicht mehr
erkennbar - genau gucken!) bis zu einer Forststraße, dort
eine Straße entlang gen Norden bis auf freie, schmucke Almwiesen.
Über diese bis zum Eisernen Herrgott (1468m) und dem urigen
Halterhaus auf der Brach (Einkehrmöglichkeit). Hier auch
erstmals der Gipfelaufbau der Gemeindealpe sichtbar. Über einen
breiten Kammweg mit grandiosem Blick auf den Ötscher zunächst
flach dahin, dann in wenigen Kehren zum Gipfelplateau der Gemeindealpe,
1626m (die hässlichen Sendeanlagen stören kaum auf dieser
Aussichtskanzel): grandioser Blick auf Mariazell, Hochschwab,
Ötscher, Rax
und Schneeberg.
Nun
aber ordentlich gerastet und geschlemmert im gastfreundlichen Terzerhaus:
Die Kaspressknödelsuppe und das saftige Bratl
(= Schweinstbraten) + Kraut + Knödel gehören neben den "Schmähs"
der Hüttenwirte Gerhard und Brigitta zu den im wahrsten
Sinn des Wortes herzhaftenSpezialitäten dieser
Hütte. Die Hütte wird per Hubschrauber versorgt, das Pächterpaar
muss für die horrenden Kosten selbst aufkommen! Umso bewundernswerter,
dass die Preise dennoch moderat sind und die Wirtsleut' niemals ihre
gute Laune verlieren. Also, liebe Triathleten und Wanderer, auf, auf
zum Terzerhaus!
Abstieg:
Ehem.
Piste - Wiesmath - Wasserstein - Erlaufsee
GZ:
1,5 Stunden
Ja,
fliegen möchte man können - dann würde aus dem Triathlon
ein Quatrolon (Idee, Idee! Mal vormerken für das nächsten
Jahr ...)!
Nachdem
wir das, wenige Meter von der Hütte entfernte Gipfelkreuz
aufgesucht und einem Paragliden beim Abheben zugesehen haben, steigen
wir über die frühere (und bald wieder befahrene) Buckelpiste
ab. Ein markierter Steig leitet uns bis knapp vor die ehemalige
Mittelstation, wo uns der Wegweiser "Erlaufsee" nach rechts
in den Wald lenkt.
In
steilen Serpentinen durch das Wiesmath bis zu einer Forststraße,
diese entlang zum nächsten Schild, über eine Lichtung zu einem
Schutzzaun (Jungwald; Gittertor). Nun bergab, dem Erlaufsee immer näher
- wir können es kaum mehr erwarten, uns in das Wasser zu werfen
- ein kleiner, überdachter Aussichtspavillon noch, für
Stehenbleiben und Schauen steht uns nicht mehr der Sinn, ein kurzes
Stück über eine Forststraße, ehe es wieder rechts (Aufpassen!
Schlecht gekennzeichnet!) in den Wald und flott an das Ufer des Erlaufsees
(Gemeinde Mitterbach)
geht.
Zwei
Drittel unseres Triathlons sind geschafft, nun der wohl erfrischendste
Teil ...
Per
tempi durch den Erlaufsee
Schwimmzeit:
15-20 Minuten
Wir
übernehmen keinerlei Haftung für aus Unfällen oder anderen Schwierigkeiten
entstandenen Schäden jeder Art, da die Verantwortung für die Duchquerung
des Erlaufsees, die Einschätzung der persönlichen Leistungsfähigkeit
sowie der Erfahrung (Erkennen und Vermeiden objektiver wie subjektiver
Gefahrenquellen) ausschließlich bei jedem Bergsteiger selbst liegt.
Vorweg
eine Warnung: Das Durchschwimmen
des Erlaufsees kann lebensgefährlich
sein und bleibt nur ausgezeichneten und ausdauernden Schwimmern
vorbehalten. Nicht nur, dass die Länge der Schwimm-Etappe von etwa
20 Minuten - 760 Meter! - nicht unterschätzt werden darf, die Wassertemperatur
übersteigt die 19° kaum (da der bis zu 40 Meter tiefe
See von der Erlauf gespeist wird, hat man es vor allem in der
Mitte des Sees mit unterschiedlich warm/kalten Strömungen zu tun)
- Erschöpfung und Krämpfe können dieses
Abenteuer zum lebensbedrohlichen Horror ausarten lassen!
Deshalb
folgende Tipps:
Der
See sollte irgendwann vorher in ausgeruhtem Zustand "auf
Probe" durchschwommen worden
sein.
Niemals
in überhitztem Zustand in den See springen - abkühlen,
ein paar Tempi, wieder aus dem Wasser, dann erst mit der Durchquerung
beginnen!
Ein
absolutes MUSS ist ein Begleitboot (kann
am Erlaufsee stundenweise gemietet werden) mit ebenfalls guten Schwimmern
an Bord, die im Notfall rettend eingreifen können.
Fröstelt
es schon am Beginn der Schwimmtour, gleich umkehren
- übertriebener Ehrgeiz kann hier fatal enden!
Kraftsparend
schwimmen! Abwechselnd brust-
und rückenschwimmen! Auf keinen Fall kraulen oder gar
um die Wette schwimmen!
Steigt
man am anderen Ende des Sees aus dem Wasser, sollten unbedingt ein
Handtuch, warmer
Tee und Kleidung bereit liegen.
Nun
aber zum Vergnügen: Nach einer schweißtreibenden Wanderung
in einen See zu hüpfen, gehört sowieso zu den ultimativen
Aaaah-Erlebnissen eines Bergsteigers - a bärig's G'fühl
- kaum zu toppen! Zudem handelt es sich beim Erlaufsee um ein blitzsauberes,
farbenprächtiges Gewässer mit einmaliger Kulisse: Durchschwimmt
man es von Norden nach Süden, scheinen rechter Hand die Zellerhüte
und links die Bürgeralpe geradewegs aus dem See emporzusteigen,
legt man sich auf den Rücken, sieht man hoch zur Gemeindealpe.
Variante:
Natürlich kann der Triathlon auch umgekehrt angelegt werden
- sportmedizinisch wäre das sogar zu anzuraten: zuerst
und in ausgeruhtem Zustand durch den See, dann auf die Gemeindealpe,
abschließend die Rad-Etappe. Jeder klassische Triathlon
folgt diesem Ablauf. Da der See jedoch nicht zu den wärmsten
gehört und früh morgens meist dieselbe Temperatur wie kurz
nach der Eisschmelze aufweist, verlege ich die See-Etappe lieber in
die Mittagswärme - und außerdem - welcher Bergsteiger liebt
nicht jenes Aaaaah-Erlebnis, wenn er nach einer schweißtreibenden
Tour in einen erfrischenden Bergsee steigt?
Als
beste Zeit empfiehlt sich - no na - der Hochsommer (Juli,
August), wenn der an sich kalte See eine erträgliche "Betriebstemperatur"
von 18-20° erreicht hat. Außerdem sollte es nicht zu
heiß (per Rad über den Kreuzberg hat es in sich) und
nicht zu kühl sein (See!).
Die Tour ist Jugendlichen ab 13 zuzutrauen, so sie ausgezeichnete
Schwimmer sind.
Der
Triathlon lässt sich auch zu einem Duothlon in jeder denkbaren
Variante verkürzen, aber auch zu einem Quatrolon (+ Paragliding-Flug
vom Gipfel) verlängern.
Extreme
können die Rad-Etappe auf das - sehr steile! - Zellerein
ausdehnen und von dort über den Weg 206A auf die Alpe
steigen.
Wissen:
GPS-Daten
der Terzer Hütte (Gipfel der Gemeindealpe) nach WGS 84:
Mariazell:
Diese Bergstadt, bestehend aus den Gemeinden Mariazell und St. Sebatian,
liegt in einer eiszeitlich geformten Passmulde zwischen Salza- und
Erlauftal. Mit seiner aus dem 17. Jahrhundert stammenden Basilika
ist Mariazell Österreichs bedeutendster Wallfahrtsort. Begnadete
Künstler ihrer Zeit gestalteten die großartige Inneneinrichtung
und schufen mit dieser Kirche, die 1907 zur Basilika erhoben wurde,
eines der schönsten barocken Bauwerke christlicher Kunst.
Die
Walstern:
Der
Hubertussee verdankt seine Entstehung der Feier der Silbernen
Hochzeit des Ehepaares Krupp im Jahr 1906. Damals wurde in
einer Talenge unterhalb des Jagdhauses durch eine Talsperre das
Wasser der Walster aufgestaut. Der See wurde nach dem Hl.
Hubertus benannt und präsentiert sich als Paradies für
Wasservögel (Stockenten, Blässhühner) und Fische.
Auch
die
Hubertuskapelle ist dem Patron der Jäger geweiht.
Die
Bruder Klaus Kirche mit ihrer sehr eigenwilligen Dachkonstruktion
wurde dem Schweizer Nikolaus von der Flüe geweiht. Bruder Klaus,
der Patron des Friedens, entschloss sich 1467 zu einem Leben des
Gebetes in der Einsamkeit einer Schweizer Schlucht. Das Leben dieses
Eremiten wird in den kunstvoll gestalteten Kirchenfenstern der Kapelle
dargestellt.
Kaiserdenkmal:
Das Denkmal wurde anlässlich des 80. Geburtstages Kaiser Franz
Josephs I. erbaut. Die Walstern gehörte zu den bevorzugten
Jagdgebieten des Monarchen.
Kriegerdenkmal
im Rechengraben: Dieses Denkmal ist den Gefallenen des Ersten und
Zweiten Weltkriegs gewidment.
Die
Gemeindealpe wurde früher auch die "Muhmenalpe"
genannt. Sowohl auf dem "Hexenberg" Ötscher
als auch auf der Gemeindealpe sollen sich früher allerlei Geister
und Feen getummelt haben, weshalb sie im 13. Jahrhundert als "mons
mumenalbe", also Berg der Muhmen bezeichnet wurde.
Demnach war nach uralten Vorstellungen der Gipfel von allerlei Nebelgestalten
umgeben. Vielleicht waren es die verführerischen Wildfräulein
oder auch Wassernixen, die dem nahen Erlaufsee entstiegen.
Seit Alters her brannten hier oben gleichsam als Absage an alle finsteren
Mächte Sonnwendfeuer. Erst viel später errichtete
man auf der Gemeindealpe, dem beliebten Hausberg der Mariazeller,
ein Gipfelkreuz.
Der
Erlaufsee ist etwa 1600m lang und 760m breit und zeichnet sich
durch Trinkwasserqualität aus. Er wird von der Erlauf
durchflossen, mitten durch den See verläuft auch die Landesgrenze
der Steiermark zu Niederösterreich.