Der
Schneeberg ist eigentlich nur genießbar, wenn man Wege fernab
touristischer Trampelpfade wählt - und da eignet sich der Nandlgrat,
einer der alpinen und anspruchsvollen Anstiege durch die Ostflanke des
Schneebergs, vorzüglich. Ein Weg allerdings, der ausschließlich
versierten und routinierten Bergsteigern vorbehalten bleibt. Es rät
sich hier immer ein Auge gen Boden zu richten, zum einen, weil der Pfad
kaum gekennzeichnet ist, zum anderen ist das, was da im Juli, August
in den prächtigsten Farben flattert, geradezu einzigartig. Was
die Schmetterlinge auf dem Weg zum Nandlgrat, sind die Gämsen im
Schneidergraben: Stoff zum stillen Schauen und Staunen.
Kleiner
Parkplatz am Ortsende des Schneebergdörfls. Von dort einem
Wegweiser "Schneidergraben-Breite Ries" nach. Gelbe
Markierung in Richtung "Breite Ries". Waldsteig durch
ein traumhaftes Schmetterlingsbiotop (beste Zeit: Juli). Pfauenauge,
Zitronenfalter & Co. - man sollte diesen Luft- und Farbentänzern
in Ruhe zusehen und sich von deren Schönheit beeindrucken lassen.
Beinahe
unbemerkt
bewältigt man so viele Höhenmeter, bis sich der Weg sich zu
einem Steig verengt und der als Skiabfahrt bekannten Breiten Ries
nähert. Abzweigung "Schneebergdörfl-Losenheim",
Abzweigung "Nördlicher Grafensteig (Baumgartnerhaus), Bürklehütte".
Bei der Ferdinand Bürklehütte (1,5 Stunden), einer
Unterstandshütte des Bergrettungsdienstes Puchberg, kurz in Richtung
Edelweißhütte hinauf, Abzweigung rechts in Richtung
"Edelweißhütte-Nördlicher Grafensteig",
links die Rieshütte des OEAV Burgenland, eine kleine bewirtschaftete
Hütte, die angeblich nur Mitgliedern der Sektion Burgenland zugänglich
sein soll.
An ihr vorbei über einen bewaldeten Rücken. Am Zustand des
Steiges merkt man, dass er nicht oft begangen wird. Aufmerksamkeit ist
gefragt, da die Markierungen nicht immer leicht zu finden sind und sich
Steigspuren manchmal nur erahnen lassen.
Wenn der Latschenweg ins Geröll führt und die ersten Felsen
auftauchen, merkt man, dass man sich am richtigen Weg, nämlich
am Nandlgrat, befindet. Vorbei an einem Vermessungspunkt und
nach einem Wandl scharf nach links, wo die blauen Markierungen plötzlich
weiß übermalt sind (?). Nach einem Geröllfeld in problemloser
I-er-Kletterei rechts hinauf. Zwei sehr rutschige Rinnen verlangen Vorsicht
und Trittsicherheit (am besten am griffigen Felsen bleiben). Über
einen Schrofenrücken nach zwei Dritteln des Weges ein Steinmandl
und eine Blechdose mit einem Steigheftchen.
Kurz in problemloser Bergab-Kletterei in ein Schartl mit Gedenkkreuz
für einen hier verunglückten Bergretter. Weiter steil über
rasendurchsetzte Schrofen.
Nach drei Stunden ist die Hochfläche erreicht. Nun in südwestlicher
Richtung eben hinüber zu den Stangen und diesen nach (links) zur
Fischerhütte. Pause in der meist mit Bahnreisenden gefüllten,
traditionsreichen Unterkunft am sog. "Kaiserstein".
10
Minuten wären es noch zum Gipfel, ich überlasse ihn diesmal
jedoch großzügig den Touristen.
Im multikulturellen und -lingualen Gewurrl zum Damböckhaus,
dort links durch einen Graben zum Einschnitt zwischen Novembergrat
und Herminensteig (nicht leicht zu finden). Dort mitunter sehr
bröselig und unmarkiert hinab (nichts bei Regen und schlechten
Witterungsverhältnissen!) in den Geröllkessel. Die Gämsen,
die dort anzutreffen sind, lassen sich in keiner Weise stören -
als seien sie Typen wie mich gewohnt. "Wieder so ein Trottel,
der Spaß daran findet, die Geröllpiste hinunterzulaufen",
denken sie sich wohl, schütteln den Kopf und äsen seelenruhig
weiter. Auch der imposante Blick ins Puchberger Becken und zu
den wilden Ostabstürzen des Schneebergs ist grandios.
Im
unteren Teil die für alle Beinsehnen verlustreiche, aber für
jeden Schneider (Sic! Hose kaputt) und Schuster (Schuhe kaputt) gewinnbringende
Geröllrutscherei (Tipp: Für diese Kieselabfahrt sollten
nicht die neuesten Schuhe verwendet werden - Reserveschuhe? Achtung!
Manchmal legen es größere Felsbrocken auf ein etwas rabiates
Wettrennen mit dir an - lass' die Rowdys wohlwollend überholen
...).
Hat
man den Kessel endlich hinter sich, immer dem Geröll nach durch
Latschengassen hinab durch Wald, über eine Forststraße und
an einer Quelle vorbei zum Ausgangspunkt zurück.
Der
Nandlgrad ist für den gemütlichen Schneebergtouristen nicht
geeignet, da er zu gefährlich und aus diesem Grund auch nicht
markiert, sondern nur gekennzeichnet ist. Auch die Markierung für
den Schneidergraben wurde aus den Karten genommen und die Einstiegstelle
sowie die Markierung entfernt, da es viel zu gefährlich ist, "normale"
Schneebergtouristen hier runter zu schicken. Diese "Steige"
sind nur mit Bergerfahrung zu begehen!
Bei Regen oder Nebel ist überhaupt von beiden Steigen abzuraten:
Rutsch-, Verirr- und Steinschlaggefahr.
Die
Rinnen, die in jeder Saison anders aussehen können (Schwemm- und
Lawinenrinnen), sollten mit Vorsicht begangen bzw. umgangen werden.
Nicht
zu unterschätzen die rund 1.300 schweißtreibenden
Höhenmeter.
Sicherheitshalber, vor allem in Anbetracht der steilen und mitunter
schwer zu querenden Rinnen, sollten bei Anfängern doch ein Sicherungsseil
+ Gurte etc. dabei sein.
Für
die Geröllpiste des Schneidergrabens sind, so seltsam es klingt,
alte Ersatzschuhe angebracht. Vor allem Nähte und Sohlen werden
in arge Mitleidenschaft gezogen.