Wenn man von Mayerling zur "Bischofsmütze" hochblickt, könnte man in den Gipfelfelsen mit viel Phantasie vielleicht die Form einer klerikalen Kopfbedeckung erkennen. Ansonsten hat sie mit der bekannten Felsformation im Dachsteingebirge (Gosaukamm) nichts gemein. Zwar steht die Bischofsmütze südlich von Mayerling ein wenig im Schatten ihrer bekannten Nachbarn Peilstein und Schöpfl, der Ausblick vom Gipfel kann sich aber im wahrsten Sinne des Wortes sehen lassen. Mit dem historisch bedeutsamen Ort Mayerling als Ausgangspunkt und einer Teilbegehung der Via Sacra ergibt sich ein kleines Wander-Schmankerl für die ganze Familie.
Die Route
Mayerling
Die Tour beginnt geheimnisvoll, zumal wir es mit Mayerling mit einem besonderen Ort mit Geschichte und Geschichten zu tun haben: Im dortigen, längst in ein Karmelitinnenkloster umgebauten Jagdschloss nahm sich am 30. Jänner 1889 Kronprinz Rudolf, der Sohn Kaiser Franz Josephs I. und seiner Gemahlin Elisabeth („Sisi“), mit seiner jungen Geliebten Baronesse Mary Vetsera das Leben. Bis heute ranken sich allerlei Mythen und Gerüchte um die Tragödie. Das seit 1550 im Besitz des Stifts Heiligenkreuz befindliche Anwesen wurde 1886 von Kronprinz Rudolf erworben und zum Jagdschloss umgebaut. Rudolfs Vater, Kaiser Franz Joseph I. von Österreich-Ungarn, ließ das Jagdschloss gleich nach demt tragischen Ereignis umbauen, wobei das Schlafzimmer Rudolfs abgerissen wurde und an dessen Stelle dem Gebäude eine Kirche angefügt wurde. Deren Altar befindet sich exakt an der Stelle, an der in Rudolfs Schlafzimmer das Bett stand, auf dem Rudolf und Mary starben. Das Schloss wurde sodann in ein Kloster umgewandelt und den Karmeliterinnen übergeben.
Die Bischofsmütze
Die Tour auf die Bischofsmütze ist – wie fast jede Wienerwald-Wanderung – ein Ausflug für die ganze Familie und Genießer, denen eine Tour durch den Wienerwald mehr bedeutet als Wettläufe auf Gipfel. Die Höhenunterschiede sind moderat, die Wege einigermaßen gut markiert und auch bei geringer Schneelage mühelos zu absolvieren.
Das Auto lassen wir auf einem Parkplatz nach einer Brücke über die Schwechat an der L210 nach Maria Raisenmarkt abstellen. Gleich Richtung Osten über die Wiese hoch an einem Bankerl vorbei zu einer Asphaltstraße. Über uns schon die Bischofsmütze. Auf dieser ein kurzes Stück ehe der gelb markierte Weg – hier auch Allander Wanderweg 8 – von der Forststraße nach rechts abzweigt und parallell zur Straße über eine Wiese weiter nach Süden verläuft. Nach einer Rechtskurve gelangen wir in den Wald. Vor einer Lichtung schwenken wir vom markierten Weg ab und streben in nördlicher Richtung zum Gipfel der Bischofsmütze hoch. Über leichte Steinstufen hanteln wir uns zum Grat des Hügels hoch. Vorsicht, dass wir nicht zu weit rechts abtriften, sonst landen wir direkt unter den senkrechten Felswand der Bischofsmütze. Dass der direkte Anstieg zur Bischofsmütze unmarkiert, zum Teil sogar weglos ist, erhöht eher den Reiz der Tour, wird man dadurch doch zum Entdecker, der unbekanntes Land zu betreten scheint.
Am Grat wird man einen Steig erkennen, dem wir zum kleinen, erst 2013 aufgestellten Kreuz mit Korpus und Gipfelbuch (518 m, Gloria in exzelsis deo) folgen. Vorsicht, wenn Kinder dabei sind: Auf der Nordseite des Gipfels bricht der Fels senkrecht in die Tiefe. Vom Rand der Felsen eröffnet sich eine unvermutet schöne Aussicht auf Mayerling, Alland und das obere Tal der Schwechat. Wie von einem hoch gelegenen Balkon blickt man über das wellige Hügelmeer des Wienerwaldes und gelangt zur Erkenntnis, dass der Wienerwald noch lange nicht gänzlich erforscht ist und sehr viele reizvolle Seiten hat, die es zu entdecken gibt. Gewidmet ist das Kreuz übrigens „Zwei Bischofsmützen-Liebhabern“, dem Ehepaar Willi (1921–2013) und Hermi End (1924–2003). Willi End brachte es in seinem Leben auf mehr als 100 Erstbegehungen, darunter auch die Direkte Nordwand der Großen Bischofsmütze am 3. August 1948 zusammen mit Hans Dubowy. Zudem verfasste er wichtige Alpenvereinsführer, etwa für das Dachsteingebirge oder für die Gesäuseberge, darunter die echte Bischofsmütze.
Maria Raisenmarkt
Vom Gipfel marschieren wir auf einem gut erkennbaren Steigerl entlang des Grates in südwestlicher Richtung. Am Weg Wildroserln, Föhren und stellenweise noch immer der tolle Ausblick. Bald folgen wir dem Steig bergab und folgen ihm bis zum Gehöft am Steinhof. Weiter gelb bzw. mit der 8 markiert über die Fuchsreut und teils über hübsche Lichtungen, teils durch Wald zum Pferdegestüt am Pelleritzer. Hier entweder rechts auf der Straße oder am Abhang des Großen Marchbergs bis zu einem Wegkreuz. Hier gibt es die Auswahl zwischen mehreren Wegen. Wir wählen den südlichsten und auch mit der „8“ bezeichneten. Außerdem bestätigt ein “Reiten-Verboten-Schild”, dass wir am richtigen Weg sind. Nun geradewegs bergab, wobei wir bei diversen Weggabelungen aufpassen sollten; was zählt ist der Weg Nr. 8. Im Tal gelangen wir direkt nach Maria Raisenmarkt mit Wallfahrtskirche und der Pizzeria Mafioso, wo es auch gute Hausmannskost zu essen gibt. Die Kirche ist den Heiligen Aposteln Philipp und Jakob geweiht und war lange Zeit Filialkirche der Pfarre Alland. Der heutige Kirchenbau wurde aus einer früher schon bestehenden Kapelle erweitert. Der klassizistische Hochaltar stammt aus der Stiftskirche von Heiligenkreuz, die Kanzel aus der ehemaligen Laurenzikapelle des Jagdschlosses Mayerling. Anlässlich der Außenrenovierung im Jahr 1983 wurden ein romanisches und ein frühgotisches Fenster aus dem 12. und 13. Jahrhundert freigelegt. Maria Raisenmarkt ist ein wichtiger Wallfahrtsort und Station auf der Wallfahrt nach Mariazell. Den Pilgerweg dorthin, die berühmte Via Sacra (Wiener Wallfahrtsweg) begehen wir zumindest in einer kleinen Etappe umgekehrt. Knapp über dem Talgrund verläuft der Weg 01 fast eben durch offenes Feldgelände zuerst am Fuß des Haiderbergs durch Untermeierdorf und flankiert von zahlreichen Marterln und stets mit Blick zur Bischofsmütze zum Ausgangspunkt zurück. Ein stiller Ausgang einer stillen Wanderung.
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