Ein Friedhof gehört an sich nicht zu den üblichen Zielen einer Wandertour, anders verhält es sich allerdings, wenn man weiß, dass uns am Wiener Zentralfriedhof ein Ort des Friedens und Stille, aber auch eine derartige Ansammlung von Prominenten erwartet, wie man sie so anderwo und in der Weltgeschichte wohl nie erlebt ...
11. Etappe
Bitterlichstraße (68 A, 15 A) – Grenzstraße durch die Obere Ablissen – ÖBB-Verschiebebahnhof – Wiener Zentralfriedhof (Tor 2, 6, 71)
GZ 1 ¼ - 1 ½ Stunden
Freie Sicht auf der Oberen Ablissen Der verfallende jüdische Friedhof harrt seiner Renovierung
Franz Werfels letzte Ruhestätte
Die 11. Etappe des Rund um Wien-Wanderweges startet in der Langsulzgasse an der Bitterlichstraße. Von dort gleich in die Wiesenthalgasse und die Klemens-Dorn-Gasse. Diese mündet in die Alte Laaer Straße mit schönem Blick über den Osten Wiens. Hübsch durch die wiesigen Ausläufer des Laaer Waldes an Spielplätzen vorbei in die Löwygrube, von dort in den Löwy-Weg (erinnert an Jakob Löwy, einen Ziegelwerksbesitzer, der 1942 von den Nazis ermordet wurde). Nach der neuerlichen Übersetzung der Bitterlichstraße in die Bleichsteinerstraße, die wiederum in den Fahrweg des Grenzstraße mündet. Auf dieser nun über weite Äcker (Hasen!) und mit Blick auf die ersten Gebäude des Zentralfriedhofs dem Verschiebebahnhof der ÖBB entgegen. An diesem vorbei, die Schnellbahnstation "Zentralfriedhof" untersetzt und an der Friedhofsmauer entlang zum Tor 11. des Wiener Zentralfriedhofs (Öffnungszeiten beachten!).
Es ist schon ein ganz besonderes Erlebnis, durch diesen heiligen, stillen und geschichtsträchtigen Ort zu wandern, und ein wenig daran zu denken, dass nun mal auch der Tod zum Leben dazu gehört. Anfangs allerdings ein etwas betroffen machender Anblick: Der jüdische Friedhof, in seiner Verfallenheit und Düsternis zugleich ein Armutszeugnis für Wien und seine Verantwortlichen. Warum hat die Gemeinde zwar Geld für zig Stadtautobahnen, aber nicht für eine Renovierung des jüdischen Friedhofs? Nun vom Mittelpunkt des Friedhofs rechts zur sehr schönen Dr. Karl-Lueger-Gedächtniskirche.
Die Dr. Karl-Lueger-Gedächtniskirche - ein Prunkstück von Bauwerk
Um die Kirche herum nun eine derartige Konzentration von Prominenten, Künstlern, Autoren und Politikern von Weltrang, wie man sie so anderwo und in der Weltgeschichte wohl nie erlebt ... Hier die Ehrengräber diverser Bürgermeister, Beamtenpromis, dort die letzten Ruhestätten eines Marcel Prawy, Hans Weigl, Franz Werfel, Arthur Schnitzler, Friedrich Torberg, Max Weiler, Ernst Jandl, Helmut Qualtinger, Karl Farkas, Max Böhm, Willy Boskowsky und auch ein Gedenkstein der österr. Himalayaexpedition auf den Dhaulagiri 1960 mit etlichen Toten. Weiter dem Tor 2 zu, wo man in der Musikabteilung auf die Gräber einiger der genialsten Musiker trifft, die die Weltgeschichte hervorgebracht hat: Johann Strauß, Johannes Brahms, Ludwig v. Beethoven, Franz Schubert, um nur einige zu nennen. Eine große Anzahl von Persönlichkeiten also, die das kulturelle und politische Österreich der letzten Jahrhunderte geprägt haben.
12. Etappe
Zentralfriedhof Tor 2 (6, 71) - Meidlgasse - Kaiser Ebersdorfer Straße - Zinnergasse - Neu Albern (80 B, 76 A)
GZ 45 Minuten bis 1 Stunde
Die 11. Etappe gehört eher zur Kategorie "Lückenfüller". Um vom Zentralfriedhof auf die Donauinsel zu gelangen, muss hier eben durch langweiliges Gasselwerk gelatscht werden.
Die Etappe in aller Kürze: Über die Simmeringer Hauptstraße in eine Sackgasse um das Krematorium und das Schloss Neugebäude herum durch das sog. Simmeringer Stadtwäldchen (seit 1983 ein Erholungswald auf 25.000 m²) in die Meidlgasse. Auf dieser am Kaiser-Ebersdorfer Friedhof vorbei über die Kaiser Ebersdorfer Straße in die Schmidgunstgasse, Kühgasse und Klebindergasse, die in die verkehrsreiche Zinnergasse mündet. Auf dieser unter der A4 hindurch bis Neu Albern. Vor der Auffahrt zur Freudenauer Hafenbrücke ist eine der farblosesten Etappen beendet.
Es lebe der Zentralfriedhof
und alle seine Tot'n,
da Eintritt is für Lebende
heut ausnahmslos verbot'n.
Weu da Tod a Fest heut gibt
Die ganze lange Nacht,
und von die Gäst ka anziger
a Eintrittskarten braucht.
Wann's Nacht wird über Simmering,
kummt Leb'n in die Tot'n
und drüb'n beim Krematorium
tan's Knochenmark abbrat'n.
Durt hint'n bei der Mamorgruft,
durt stehngan zwa Skelette,
die stess'n mit zwa Urnen an,
und saufen um die Wette
Am Zentralfriedhof ist Stimmung
wia's sein Lebtag no net war,
weu alle Tot'n feiern heute
seine ersten hundert Jahr.
Es lebe der Zentralfriedhof
und seine Jubilare.
Sie lieg'n und verfäul'n scho durt
Seit über hundert Jahren.
Draußt is kalt und drunt is warm
nur manchmal a bissl feucht;
wenn ma so drunt liegt, freut ma sich
wenns Grablaternderl leucht.
Es lebe der Zentralfriedhof,
die Szene wirkt makaber,
de Pfarrer tanz'n mit de Hurn
und Judn mit Araber.
Heut san alle wieder lustig,
heut lebt alles auf.
Im Mausoleum spielt a Band
die hat an Wahnsinns-Hammer drauf
Am Zentralfriedhof ist Stimmung ...
Es lebe der Zentralfriedhof,
auf amoi macht's an Schnoizer,
da Moser singt's Fiakerliad,
de Schrammeln spiel'n an Walzer.
Auf amoi is die Musi still
Und alle Aug'n glänzen,
weu dort drüb'n steht der Knochenmann
und winkt mit seiner Sens'n.