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Schönauer Donaurunde
Auf Vogelpirsch in den winterlichen Donau-Auen
Schönauer Donaurunde (Donau-Auen)

Wanderung, Donau-Auen bei Wien, 2019; Text/Bilder: © Thomas Rambauske

Auf der Schönauer Donaurunde lernen wir den dynamischsten Bereich des gesamten Nationalparks kennen. Weil das ganze Jahr über Wasser durch diesen Teil der Au strömt, bleibt das Gewässer im Winter meist eisfrei und zieht deswegen viele Wasservögel aus dem Norden und Osten Europas an, die sich als Wintergäste hier aufhalten. All das macht Schönau zu einem Hotspot für Vogelbeobachter. Wir schließen uns einer vogelkundlichen Führung an und erleben, wie sehr die Au auch im Winter lebt!

Der Star der Donau-Auen

Beim Imbissstand am Marchfelddamm findet sich eine große Gruppe Vogelinteressierter ein, dazu zwei Nationalpark-Ranger die die Gruppe durch die winterliche Norbert Au führen werden. "Der Schönauer Bereich des Nationalparks beheimatet eine große Vielfalt an Arten auf sehr kleinem Raum. Das ist ein Garant dafür, dass man viele Vögel zu Gesicht bekommt", bereitet uns Norbert auf das Kommende vor. "Wir werden uns die Vogelwelt aber erarbeiten müssen – was viel mehr wert ist, als sie im Fernsehen serviert zu bekommen." Der Vorteil einer winterlichen Vogelpirsch bestehe darin, dass die Hälfte der Vögel nicht da ist, weil viele Insektenfresser nach Afrika übersiedelt sind. Das macht die Vogelbestimmung etwas leichter. Zudem sind Wasservögel ein einfacheres Thema als Singvögel.
Der Höhepunkt der Vogelpirsch sollte die Sichtung eines Seeadlers, des Stars der Donau-Auen schlechthin, sein. Als Vorgeschmack auf dieses Ereignis zieht Ranger Josef ein Tuch aus seinem Rucksack, das einen Seeadler in Lebensgröße zeigt: mit unglaublichen 2,50 m Spannweite ist er der wahre König der Au. "Die Wahrscheinlichkeit, heute einen Seeadler zu sichten, ist hoch, da sich in der Nähe ein Horst befindet und die Tiere bei zunehmender Wärme aufsteigen.", erklärt der Naturparkranger. Der sonnenklare Wintertag verspricht genau das.

Vogelstimmen über dem Kühwörther Wasser
"Bewaffnet" mit Ferngläsern setzen wir uns beim Kühwörther Wasser in Bewegung und überschreiten den Rückstaudamm Schönau. Gleich danach geht es durch ein Stück Urwald. Hier fordert man uns dazu auf, still zu sein und auf die Vogelstimmen zu hören. Diese seien schließlich die wichtigste Voraussetzung, Vögel zu entdecken und bestimmen zu können, klärt man uns auf. Das Gespräch verebbt, alle lauschen in den Wald, wo im Winter natürlich nur vereinzelt Vogelstimmen zu vernehmen sind. Das allerdings macht es leichter, etwa Kohlmeisen und Kleiber zu erkennen. "Das Gute ist, dass die Vögel im Winter in Gruppen unterwegs sind, wodurch ihre Kommunikation besser zu vernehmen ist.", erklärt Norbert. Die Stimmen von Vögeln hätten viele Aufgaben, die wichtigste sei die bei der Balz, Partner zu finden und das Revier zu verteidigen; im Winter seien es vor allem Kontakt- und Warnrufe, die zu vernehmen sind; letztere klingen bei vielen Vogelarten sehr ähnlich, weil sie ja alle verstehen sollen. Nach wenigen Minuten stehen wir schon vor dem ersten Gewässer, dem Kühwörther Wasser, das allerdings zusehens verlandet. Dieser östlichste Ausläufer der Lobau ist ein typischer Altarm mit weiten Schilfflächen und ruhigem Wasser. Im Bereich des Kühwörther Wassers dann der erste gefiederte Hauptdarsteller der Au: ein Silberreiher, der sich aus dem Dickicht des Schilfs erhebt und über uns hinwegfliegt.

Silberreiher
Einer der Hauptbewohner der Au: ein Silberreiher. Bild: Donau-Auen/Kracher

Die strahlend weißen Silberreiher sind die häufigste Reiherart in den Donau-Auen und die größte einheimische ihrer Art. Ein erwachsenes Exemplar wird 95 bis 100 cm groß, seine Flügelspannweite reicht 170 cm. Sie sind bei uns das ganze Jahr über zu beobachten, obwohl sie nicht in den Auen brüten. Das tun sie im Schilfgürtel des Neusiedlersees. Nach dem Auftritt des – schweigsamen (er gibt nur ein krächzendes "krah" bzw. knarrendes "kraak" von sich, wenn er brütet) – Silberreihers verstummen wir wieder und lauschen den seltenen Lauten der winterlichen Au. Ganz nah ist eine Blaumeise zu hören, gleich darauf ein Gimpel, dann melden sich die um diese Zeit allgegenwärtigen Krähen und ein Grünspecht.

Der fliegende Edelstein
Dann betreten wir den zweiten Damm: Den Marchfeldschutzdamm. Er trennt die bewachsenen, verlandenden Stillgewässer von der dynamisch durchströmten Au. Beide beherbergen seltene Arten. Der Damm ist auch ein guter Platz, uVogelpirschm nach Greifvögeln Ausschau zu halten – heute allerdings warten wir vergeblich. Wir verlassen den Marchfelddamm und betreten einen der dynamischsten Bereiche des gesamten Nationalparkgebiets. Diese bleiben im Winter meist eisfrei und ziehen eine sonder Zahl von Wasservögeln an, die von Fischen leben. Deswegen sind an diesen bewegten Seitenarmen die Vogelwelt besonders vom Herbst bis in den Spätwinter besonders gut beobachtbar. Wohl fühlen sich in diesem Bereich vor allem Kleinspechte und Eisvögel. Der Kleinspecht erreicht gerade die Größe einer Meise und lebt gerne hier aufgrund seines starken Bezugs zu feuchten Wäldern, Gewässern und Totholz, wo er nach Insekten, Larven, Ameisen sucht. Wir haben das Glück, einen beobachten zu können, nämlich durch das Spektiv, das Ranger Norbert dabei hat. Durch das monokulare Beobachtungsfernrohr kommen wir dem kleinen Vogel ganz nah.
Wohl fühlt sich in diesem Biotop auch der Eisvogel, der in die hohen, sandig-lehmigen "Uferanrissen" seine Bruthöhlen legt.

Eisvogel
Ein Eisvogel, auch als "Fliegender Edelstein" bezeichnet. Bild: Donau-Auen/Antonicek

Eisvögel bekommt man sehr selten zu sehen, und wenn, dann nur, wenn er auffliegt. Der "Ansitzjäger" sitzt meistens auf einem über das Wasser hängenden Ast und späht nach Fischen. Entdeckt er einen, stürzt er sich senkrecht ins Wasser und taucht dabei nicht selten ganz unter. Der "fliegende Edelstein", wie er wegen seines farbenprächtigen Gefieders gerne genannt wird, fühlt sich in der natürlichen Flusslandschaft der Au besonders wohl, steht aber leider auf der Roten Liste der "stark gefährdet" Tierarten.

Das Reich der Kormorane
"Ein Bussard, ein Bussard!", ruft einer. Wieder Fehlalarm, wieder ist der Wunsch der Vater des Gedankens. Aber auch ein Kormoran ist eine fette Beobachtungsbeute. Mit seinem langen Schwanz, dem langen Hals sieht er aus wie ein fliegendes X, typisch auch sein Flugbild und sein metallisch wirkendes Gefieder. Wir werden im Verlauf unserer Tour noch einige von ihnen zu Gesicht bekommen; kein Wunder, befindet sich im Nationalpark Donau-Auen auch ein Schlafplatz dieser Vögel, auf dem sich allabendlich Hunderte Exemplare einfinden. "Kormorane jagen gerne in Gruppen und tauchen ausgezeichnet, aber beim Fliegen plagen sie sich", erklärt Norbert. Laute sind bei diesen Vögen meist nur in der Kolonie zu hören – als lautes Krähen mit schnarrenden und gurgelnden Tönen. Am Rand der Gewässer ragt braun-oranges Schilf hoch, über dem Wasser liegt eine dünne Eisschicht, die aber dank der Sonneneinstrahlung gänzlich verschwinden wird.

Donau-Auen

Die zwei Brücken, die wir bald betreten, überspannen besonders dynamische Aubereiche. Von hier ergeben sich schöne Ausblicke auf Schotterbänke, Biberbäume und manchmal auch auf die Ansitzjagden des Eisvogels. Dann haben wir Glück. Ein Mäusebussard zieht weit über uns seine Kreise, ohne viel mit den Flügeln zu schlagen. "Fünf Brutpaare von Mäusebussarden gibt es im Nationalpark. Ihre Schreie hören sich wie miauendes Hhiäää‘ an", erklärt Josef. Nur kurz dauert es, dann verschwinden die Vögel hinter den Baumkronen. Im Winter ernährt sich der Mäusebussard häufig von Aas, weshalb man ihn nicht selten am Straßenrand auf Leitungsmasten, Bäumen und Umzäunungen sitzen sieht.

Betreten verboten
RangerIm Bereich der Gewässer bekommen wir das Schild "Betreten verboten, Vogelschutzzone!" zu lesen. Die offenen und fast vegetationslosen Schotter- und Sandflächen der Seitenarme sind das Reich der Flussregenpfeifer und Flussuferläufer. Sie sind Insektenfresser und deswegen gen Süden gezogen. Josef zieht das Ei eines Flussregenpfeifers aus der Tasche, oder viel mehr eine Nachbildung aus Keramik. Drei bis vier solcher großen Eier legt der kleine, nur spatzengroße Vogel in die Schotterbänke. Warum? Weil die warmen Steine die Funktion des Brütens übernehmen, dem Vogel obliegt die Aufgabe, Schatten zu spenden, damit die Eier nicht zu warm werden. Deswegen auch "Betreten verboten!" Kann der Flussregenpfeifer nicht zu seinen Eiern zurück, überhitzen sie und die Brut ist zerstört. Kronprinz Rudolf schrieb einst, nachdem er durch die Auen gestriffen war: "Flussregenpfeifer finden sich allerorten" auf den Inseln und Uferbänken der Donau-Auen. Heute sind davon im Nationalpark nur noch wenige Paare übrig.

Am Biberweg
Nach den ruhigen Seitenarmen kommen wir an das bewegte Ufer der Donau. "Sie sollte die Au mit Sand und Schotter versorgen, was mit der zunehmenden Verbauung und den vielen Kraftwerken leider immer weniger funktioniert. Das setzt dem ganzen System der Au stark zu", erklärt Ranger Josef. Wir wenden uns nach rechts und folgen am Treppelweg dem sandigen Ufer der Donau. Auch wenn rechts eine Brücke zu sehen ist, marschieren wir weiter, merken uns dieser Brücke aber, da sie über die bewegtesten Seitenarme der Au führt. Auch das Flussufer wird eifrig nach gefiederten Schätzen abgesucht. Wieder entdecken wir Kormorane, die Protagonisten des Tages, aber auch Schellenten, Schwäne und Silberreiher. Das Auge der Unkundigen schärft sich langsam und weiß bald Reiher von Schwänen zu unterscheiden. Interessant auch die Biberspuren rund um das Gewässer rechts vom Treppelweg Biberrutschen deuten auf Höhleneingänge hin, Knabberspuren von der Hauptmahlzeit der Biber, den saftigen Wachstumsschichten der Bäume. Um an sie heranzukommen, legt er die Bäume reihenweise um. Das mag viele stören, gehört aber zum Kreislauf der Natur. Denn rund ums Totholz bildet sich neues Leben und ein neues Habitat. Am Donauufer sucht ein Fischer das ideale Jagdrevier, eine Familie spielt am Wasser. Ja, die Donau ist auch im Winter ein durchaus attraktiver Erlebnisraum.

Biber
Ein Biber bei der Bauarbeit. Bild: Donau-Auen/Kern

Urwald
Wieder zurück zur vorhin erwähnten Brücke, geht es am Rückweg nach Schönau durch ein echtes Stück Urwald. "In diesem Bereich mischt sich der Mensch in keiner Weise ein", erklärt Josef. "So wie hier müssen die Donau und ihre Auen im Urzustand ausgesehen haben."

Urwald

Wie vor der Regulierung ab 1870 ändern die Seitenarme ständig ihre Form und ihr Aussehen. Je nach Wasserstand füllen und entleeren sich die Gewässer und erzeugen damit einen dynamischen Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Der Blick gilt nun der nächsten Umgebung, wo wirklich keine Menschenspur zu entdecken ist. Ein schmaler Dschungelpfad führt an umgestürzten Pappeln und Weiden vorbei. "So sieht ein idealer Wald aus, wenn ein einjähriger Baum neben einem 20-jährigen und einem 100-jährigen steht", doziert Josef. "Dazwischen ermöglichen tote Bäume lebenswichtige Lichträume." Großartiges Finale dieser Tour. Am Weg umgestürzte Schwarzpappeln, deren ausladende Kronen ideale Landeplätze für Greifvögel bilden.
So schließt sich der Kreis. Ein schmaler Pfad führt uns quer durch einen faszinierend wilden Bereich, den die Donau mit ihren Fluten ständig umlagert und umgestaltetet. Ganz nah erklingt der Ruf eines Kleibers. Sein "DjüdjüDJÜ" klingt wie ein Abschiedsgruß nach, als wir über zwei Dämme nach Schönau zurückkehren.


Ausgangspunkt: Schönau an der Donau beim Imbissstand "Hermis Radlertreff" beim Hochwasserschutzdamm am südlichen Ortsende, Parkplätze; mit öffentlichen Verkehrsmitteln leicht zu erreichen.


Größere Kartenansicht
Route:
Schönau – Rückstaudamm Schönau – Kühwörther Wasser – Marchfeldschutzdamm – Augebiet – Brücke – Treppelweg entlang der Donau – Brücke – Marchfeldschutzdamm – Kühwörther Wasser – Rückstaudamm Schönau – Schönau
Gesamthöhenmeter:
Pfeil up Pfeil down keine
Gesamtgehzeit (in Stunden):
Pfeil up Pfeil down ca. 1
Schwierigkeiten:
Keine
Eignung für Kinder:
Sehr gut geeignet
Ausrüstung:
Fernglas (wer über keines verfügt, kann sich vom Ranger eins ausborgen), warme, gut isolierte Schuhe, da oft gestanden wird und die Füße schnell frieren können, warme Kleidung, Regenschutz ...
Einkehrmöglichkeiten:
Hermis Radlertreff, Gasthäuser in Schönau
Weiterführende Infos und Buchung einer Führung:

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