"Der
Aconcagua ist einer jener Berge, die Schicksale schaffen können",
formulierte einst der italienische Alpinist Mario Fantin. Trotz
seiner scheinbaren Leichtigkeit bleibt der Aconcagua nämlich
in erster Linie ein Berg der Dramen und Tragödien.
Unter
normalen Umständen kann die Tour durchaus als Trekking in
extremen Höhen bezeichnet werden. Im Vergleich zum Kilimanjaro ist der Aconcagua technisch nicht schwieriger, aber runde tausend
Meter höher, kälter und nur 150 Kilometer vom Pazifik
entfernt. Deswegen kann sich sonnig-ruhiges Wetter sehr schnell
in ein arktisches Fiasko mit extremen Stürmen verwandeln.
Berüchtigt ist der sogenannte Viento Blanco, der innerhalb
weniger Stunden die Verhältnisse grundlegend verändern
und starke Schneefälle verursachen kann. Er bricht mit Geschwindigkeiten
von bis zu 180 Kilometern plötzlich über den Berg herein
und hält oft tagelang an. Die Folge: Temperaturen bis minus
30 Grad, Schnee selbst im sommerlichen Basislager, orkanartiger
Sturm in höheren Etagen. Die Auswirkungen des Viento Blanco
werden ständig unterschätzt und verursachen jährlich
Tragödien und nachhaltige Verletzungen wie erfrorene Gliedmaßen.
Aufgrund
dieser Wetterkapriolen lässt sich der Besteigungsplan
aus dem heimatlichen Wohnzimmer kaum einhalten. Man sollte deshalb
generell etwa 2-3 Wochen ab/bis Parkeingang - ohne vorherige
Akklimatisation - einplanen. Nicht nur der Berg selbst, sondern auch
die Umgebung bieten lohnende, aber vergletscherte Tourenmöglichkeiten
zum Akklimatisieren und Aufwärmen.
Als
Akklimatisationstouren bieten sich leicht zu organisierende
Besteigungen wie Cerro Plomo, Marmolejo oder San
José rund um Santiago an bzw. der Cerro Cuerno oder
Cerro Catedral vom Basislager aus. Zusätzlich sollten
am Aconcagua selbst einige Auf- und Abstiege mit tiefer gelegenen
Nächtigungen und Ruhetagen, möglichst im Basislager, durchgeführt
werden.
Auf
dem Normalweg gibt es keine technischen Schwierigkeiten. Bis
auf die Canaleta (loser Schutt, ganz auf der rechten (W-)Seite
gehen! Am besten, man trifft harten Schnee vor ...) sind überall
gute Wege vorhanden. Im Notfall lässt sich das Basislager von
sämtlichen Hochlagern sehr schnell erreichen (ca. 1 Stunde vom Nido, 2 Stunden von Berlin).
Trotz
der zahlreichen Spuren sollte man daran denken, dass durch plötzliche
Schneefälle diese Orientierungshilfen nicht mehr erkennbar
sind und man sich in den weiten Hängen schnell verirren kann,
was fatale Folgen hätte. GPS-Geräte leisten hier
sehr gute Dienste, so sie aufgrund der Kälte nicht ihren Geist
aufgeben (Mengenweise Ersatzbatterien mitnehmen! GPS unter
dem Anorak tragen.).
Kletterkenntnisse werden am Normalweg des Aconcagua nicht verlangt. Lediglich kurz vor
dem Gipfel muss man an einer Stelle Hand an den unschwierigen Fels
legen. Für den Abstieg vom Gipfel ist es günstig, falls
es die körperliche Verfassung zulässt, noch bis zu Lager
1 abzusteigen.
Gletscher
werden auf der Normalroute nicht gequert, so dass ein zeitiger Aufbruch
nicht notwendig ist, zumal es im Sommer bis etwa 21 Uhr Tageslicht
gibt. Einzig oft ab den Mittagsstunden einsetzendes Schlechtwetter
erfordert einen rechtzeitigen Aufbruch. Am besten trifft man
diese Entscheidung nach genauer Beurteilung der Gegebenheiten vor
Ort.
Lawinengefahr möglich vor der Canaleta-Rinne
Ein
drittes Lager in Independencia zu beziehen, ist angesichts
der dort herrschenden Kälte und Höhenstürme nicht empfehlenswert.
Last
but not least ein allgemein gültiger Leitsatz: Als bester Bergsteiger
gilt derjenige, der rechtzeitig umkehren kann.
Neben
Essensvorräten usw. kann man in Mendoza auch fehlende Ausrüstungsgegenstände im Mountain Shop "Orviz" nachkaufen: Juan B. Justo 536,
Mendoza. Tel./Fax: 54261-4251281 (www.orviz.com)
Steigeisen
(können in der Querung kurz unterhalb der Canaleta unabdingbar
sein, da dort oft harter bis eisiger Schnee liegt), Schalenschuhe
unbedingt, ein Pickel/Mannschaft (zum Aushacken von Koch-Schnee).
Von Lederschuhen ist absolut abzuraten, Erfrierungen sind
damit fast 100%ig garantiert.
Da
keine Gletscher zu bewältigen sind, kann auf ein Seil und Hüftsitzgurt
verzichtet werden. Dünne Reepschnüre leisten aber
zur Befestigung von Zelt/Ausrüstung am Rucksack etc. wertvolle
Dienste.
Eine
Lawinenschaufel kann bei starken Schneefällen notwendig
werden, bei stabilen Wetterverhältnissen hat man sie zumindest
argentinische Luft schnuppern lassen. Zum Eishacken (Kochen!) besser
geeignet ein Pickel oder eine Metallschaufel.
Da brauchbare
Stützpunkte Mangelware sind, ist ein sturmerprobtes Expeditionszelt
inkl. ausreichend Sturmverspannungen unabdingbar. Im Basislager
wird man in vorbereiteten Zelten untergebracht, weswegen man keine
extra BC-Wigwams mitzubringen braucht.
Angesichts
des ständigen Windes schützt nur eine Rundum-Gletscherbrille die Augen einigermaßen vor Staub und Sand.
Radfahrhandschuhe zum Schutz vor Sonnenbrand auf den Handaußenflächen
Viel
Sonnencreme mitnehmen!
Kocher:
Mit Gaskochern fährt man bis 6.000 m am besten (leicht,
kein Ruß, unproblematisch). Da Gaskartuschen nicht im Flugzeug
transportiert werden dürfen, können sie über die Ruefa
(vormals Verkehrsbüro) vorbestellt und in Mendoza entgegen genommen werden (etwa 4-5 kleine
Kartuschen/Person). Tipp: Butan/Propan-Gemisch ist bei Kälte
leistungsfähiger als reines Butan.
Wer auf Benzin schwört: An den Tankstellen in Mendoza
kann bleifreies Superbenzin ($ 1.-/Liter) bzw. in Bergsteigergeschäften
spezielles Kocherbenzin erstanden werden. Für zwei Wochen am
Aconcagua genügen etwa 2 Liter Sprit für 2 Personen.
Wenn
man sich die Reise von der Ruefa (vormals Verkehrsbüro) organisieren lässt, wird man 2 Tage in Confluencia und
3 Tage im BC versorgt: Drei Mahlzeiten/Tag mit allem Drum und
Dran. Sollte man mehr Tage im BC verbringen und ein Speisezelt frei
sein - ein paar Dollars und man kocht sein Süppchen im Trockenen
...
Skistöcke (weniger empfehlenswert sind Teleskop-Stöcke, da deren 4-6 Schwachpunkte,
die Gelenke, gerne allzufrüh ihren Geist aufgeben) sind unbedingt
notwendig, da das Gelände sehr schuttig, sprich rutschig sein
kann und die Stöcke der Balance und Energieverteilung dienlich
sind.
Ohrenstöpsel,
Stirnbänder etc. gegen den ständig ziehenden Wind.
Bücher,
MP3-Player etc. machen Schlechtwetter- und Warteperioden erträglich.
Prinzipiell
sollte man nicht bei der Ausrüstung sparen. Das Beste, Wärmste,
Robusteste ist am Aconcagua gerade gut genug. Was nützen mir billige
Schuhe, wenn mir nachher ein paar Zehen fehlen?