"Fudschijama"
Niederösterreichs,
"Vaterberg", "Hohe Majestät"
- vielfältig sind die Titel, die man dieser wirklich imposanten
Berggestalt gegeben hat. Wen wundert's also, dass der Ötscher einst
als Sitz von Göttern, Geistern und Hexen galt und sich zahllose
Sagen und Mythen um ihn ranken. Berühmt auch die bizarren Felslandschaften
der Tormäuer und Ötschergräben sowie der Aufstieg über
den Rauen Kamm.
Als
Winterwander-Berg bietet sich der Ötscher vor allem dann an, wenn
auf den Pisten wegen Schneemangels noch Ruhe herrscht. Und unverhofft
kann es dort zu einem besonderen Weihnachtserlebnis kommen, wenn man
zu spät dran ist ...
Aufstieg
Lackenhof (Liftparkplatz, 809 m) - Riffelboden (1050
m) - Riffelsattel (1284 m) - Ötscher Schutzhaus
(1418 m) - Ötscher (1893 m)
HU
ca. 1090 m / GZ 3-3,5 Stunden
Das Auto bleibt auf dem Liftparkplatz eingangs des Sulzgrabens
stehen. Von dort den Wegweisern nach in Richtung Riffelsattel.
Die sog. "Ötscher Wanderstrecke" verläuft anfangs
auf einem Fitnessparcours, quert kurz die Ski-Piste, führt 25 Minuten
an einem Kreuz vorbei und endet nach einer Stunde am Riffelsattel
mit tollem Blick auf die Gemeindealpe. Dort auch die Abzweigung
zum Terzer Haus, in die Ötschergräben und zum
Ötscher selbst. Links weiter über die Piste zum geschlossenen
und ganz und gar nicht fotogenen Ötscher Schutzhaus (Sessellift-Bergstation,
1,5 Stunden). Nun am Schutzhaus vorbei, Stangen nach zur Abzweigung "Hüttenkogel"
(kleine Hütte) und auf den flachen Westgrat des Ötscher. Im
Prinzip kann hier zwischen einer engen Latschengasse und dem Gratweg gewählt
werden. Bei Nebel ist vom Grat abzuraten, manche sind dort schon vom Weg
abgekommen und in arge Schwierigkeiten geraten. Bei sichtigen Verhältnissen
bietet diese Variante natürlich eine herrliche Panorama-Kulisse mit
Gemeindealpe, Zellerhüten, Hochschwab, Gesäuse,
ja bis zu den Hohen Tauern soll der Blick an klaren Tagen reichen.
Nach etwa 3-3,5 Stunden ist der Gipfel des Vaterberges erreicht. Die phänomenale
Rundumsicht und winterliche Stille dort oben lassen sämtliche Alltagssorgen
vergessen.
Kleiner
Ötscher, Abstieg
Riffelsattel
(1284 m) - Kleiner Ötscher (1552 m) -
sonst w.o.
HU 300 m / GZ 1 Stunde
Zu Unrecht
wird der kleine Bruder des Großen Ötscher im wahrsten Sinne
des Wortes gern links liegen gelassen. Vor allem im Sommer, wenn sich
bei schönem Wetter die Besucher des Großen Ötscher die
Gipfel-Klinke in die Hand geben, herrscht am Kleinen selige Ruhe.
Auch ich
hatte den Kleinen Ötscher bei meiner adventlichen Wintertour nicht
eingeplant und wollte am Riffelsattel schon daran vorbei, als ich mich
dann darauf besann, ihn zu Trainingszwecken doch "mitzunehmen".
Also durch enge Latschengassen und kleine Lichtungen nochmals 300 Höhenmeter
hochgequält, die Wolkendecke hartnäckig geschlossen wie schon
den ganzen Tag lang. Dann aber, just als ich das kleine Gipfelplateau
erreiche, bricht diese Decke, klart sich der Himmel über dem Hochschwab
und wird mir ein unverhofft eindrucksvolles Erlebnis zuteil: das eines
fulminanten Sonnenuntergangs. Als da die Sonne hinter dem Hochschwab
verging, die Bergwelt in Goldorange tauchte und den vergoldeten Corpus
des Gipfelkreuzes heller leuchten ließ als alles andere ringsum,
war Advent. Und als dann das Gelb in ein flammendes Lichtfurioso zerstob
und sich alle möglichen Rot- und Violetttöne in den Wolken
spiegelten, war Weihnachten.
In solchen
Momenten hält man den Atem an, vergisst den kühlen Wind und
genießt einen jener unschätzbaren Augenblicke, derentwegen
man sich ein Leben lang auf die Berge quält, und schaut, schaut
... dankbar für dieses unverhoffte Weihnachtsgeschenk ... still,
zufrieden, ahnungsvoll.
Und gerät
man dieser wundervollen Weihnachtsstunde wegen in die Dunkelheit,
stört das auch nicht, da der Rückweg gefahrlos über die
Piste verläuft und man die Stirnlampe ja immer dabei hat.
Ötscher
Der
Ötscher wurde um 1000 in den Quellen des Klosters Mondsee als "Othzan",
slawisch "ocàn" = Vaterberg, erwähnt. Diesen
Titel erhielt er wohl auf Grund seiner majestätischen Figur. Die
erste nachgewiesene Besteigung erfolgte 1574 durch den Botaniker
Karl Clusius. 1591 lässt Kaiser Rudolf II Erkundigungen
nach Goldadern vornehmen, 1663 wurden am Ötscher Warnfeuer
bei Türkeneinfällen entzündet. Seit 1800 ziert ein Gipfelkreuz
den höchsten Punkt des "Vaterberges". Berühmt
auch der Naturpark Ötscher - Tormäuer, begrenzt von
den Schluchten der Erlauf (Tormäuer) und des Ötscherbaches
(Ötschergräben).
Eine
im Prinzip unsichtbare Sehenswürdigkeit bilden die Ötscherbären,
die hier seit 1972 wieder eingebürgert wurden und sich an den Gefielden
des Vaterberges sehr wohl fühlen. Da sie jedoch sehr scheu sind,
gut riechen und hören, ist ein Zusammentreffen mit ihnen höchst
unwahrscheinlich.
Schwierigkeiten:
Keinerlei
Lawinengefahr. Sturm, Nebel und Kälte sollten aber am Gipfelgrat
Grund zum Abbruch sein.
Lackenhof
am Nordfuß des Ötscher entstand im 15. Jhd. aus einem Meierhof
mit Fischteich ("Hof an der schwarzen Lacke")
als Gründung der Mönche der Kartause Gaming. Heute gehört
Lackenhof zu den wichtigsten Winter- und Sommer-Tourismusorten des Mariazeller
Landes.