Julische
Alpen, Slowenien; Durchquerung Nord-Süd, 17. bis 21. August 2003
Text/Bilder:
Florian
Bitter & Nadja Danner
Intro
Es sind vor allem die landschaftlichen Reize,
die den Triglav-Nationalpark im Herzen der Julischen Alpen (Slowenien)
auszeichnen: Klare Bergseen, schäumende Bäche, rauschende
Wasserfälle, geheimnisvolle Schluchten und jede Menge von eindrucksvollen
Lichteffekten beleuchteter Zweitausender.
9.000 Kilometer markierter Wanderwege und ein Netz von 35 bewirteten
Hütten überziehen den Park und locken jährlich viele
naturbegeisterte Wanderer in diese einmalige Bergwelt.
Auf den 2.864 Meter hohen "dreiköpfigen" Triglav selbst
führen rund 20 verschiedene Kletterrouten, darunter ein leichter
und mit Fixseilen versehener Klettersteig.
Die hier vorgestellte fünftägige
Wanderung zu den sieben Triglav-Seen, die in Mojstrana ihren Anfang
und am Bohinj-See ihren Zielpunkt findet, gehört zum Schönsten,
was das neue Europa zu bieten hat.
1. Tag
Mojstrana
(660 m) - Pericnik-Wasserfall (Vratatal, 750 m) - Aljažev
dom (1015 m)
HU
ca. 350 m / GZ ca. 4 Stunden
Der
Pericnik-Wasserfall
Anfahrt
10 Uhr morgens von Ljubljana mit dem Zug nach Jesenice.
Direkt vor dem Bahnhof geht's per Bus weiter nach Mojstrana.
Von diesem kleinen und gemütlichen Dorf aus führt eine relativ
unbefahrene Straße das Vrata-Tal hinauf bis zum Aljažev
dom (dom = Haus).
Eigentlich
wollten wir diese letzte Straßenetappe mit dem Bus überwinden,
allerdings erfahren wir im Ort, dass nur eigene Beinarbeit die Hütte
zu erreichen vermag. So beginnen wir unsere Wanderung also schon in
Mojstrana (660 m) direkt an der Grenze des Triglav-Nationalparks
(wer mit dem Auto unterwegs ist, kann am Aljažev dom parken und
von dort starten).
Nach den
ersten fünf Kilometern vorwiegend auf Wanderwegen machen wir den
ersten Zwischenstopp am Pericnik-Wasserfall. Den 15-minütigen
Abstecher zu dem durchaus sehenswerten Wasserfall (60 m!) dürfen
wir uns nicht entgehen lassen.
Abwechselnd auf Straße und Wanderweg laufend erreichen wir am
späten Nachmittag nach insgesamt 12 Kilometern und 350 Höhenmetern
das Aljažev-Haus (1.015 m).
Voller
Vorfreude genießen wir von der Terrasse aus den unvergesslichen
Blick auf die nicht mehr weit entfernte 1.800 m hohe Triglav-Nordwand.
Während wir vollkommen überwältigt von der Masse des
Berges unseren "Aussichtsplatz" nicht mehr verlassen, leert
sich langsam der zuvor heillos überfüllte Hüttenparkplatz.
Übrig bleiben eine Handvoll Bergsteiger, die bis in den späten
Abend hinein den sich bei Sonnenuntergang färbenden Gipfel bewundern
und sich über ihre bevorstehenden Klettersteig-Etappen austauschen.
2. Tag
Triglavski
dom (2.515 m) über Tominšek- Klettersteig
HU
ca. 1500 m / GZ ca. 6 Stunden
Das
Triglav-Denkmal am Fuß der Nordwand
Das
Triglav-Haus
Nach kurzer
Nacht in einem geräumigen Zimmer machen wir uns früh morgens
an den ersten Teil des Aufstiegs über den Tominšek-Klettersteig
zum Triglav-Haus (2.515 m), 350 Meter unterhalb des Gipfels.
Neben diesem als mittelschwer eingestuften Steig gibt es noch eine schwerere
(Bamberg-Weg) und leichtere (Pragweg) Variante, um den
Gipfel zu erreichen.
Die Wege
teilen sich nicht weit hinter der Hütte an dem bekannten Triglav-Denkmal
in Form eines überdimensionalen, im Fels verankerten Hakens
mit Karabiner. Foto machen ist Pflicht!
Ohne uns
zu schonen, kämpfen wir uns dann sechs Stunden lang 1.500 Meter
durch teilweise senkrechte Wände in die Höhe, immer mit Blick
auf die steil abfallende Nordwand. Achtung: Nur für Schwindelfreie
geeignet! Klettersteigset ratsam, Helm Pflicht.
Am
Tominšek-Klettersteig
Gegen 13
Uhr erreichen wir das Triglav-Haus und entscheiden uns nicht
weiterzugehen, da wir die nächste Hütte nicht vor Einbruch
der Dunkelheit erreichen würden.
Auch der
mittlerweile in Wolken gehüllte Gipfel erleichtert diese Entscheidung
… Am Abend zucken wie zur Bestätigung die ersten Blitze über
den Himmel.
Zuvor haben wir noch ausgiebig den großartigen Blick über
die Julischen Alpen bis nach Österreich und Italien genossen.
Blick
vom Triglav-Haus zum Razor
3. Tag
Triglav-Gipfel
(2.864 m) - Tržaška Koca (2.150 m) - Sieben-Seen-Tal (ca.
1.700 m)
HU
ca. 550 m,
1.160 m GZ ca. 9 Stunden
Im
Sieben-Seen-Tal
Schon früh
am morgen beginnen viele den Aufstieg zum Gipfel - schließlich
will jeder der Erste sein. Wir allerdings genießen noch in aller
Ruhe unser Frühstück und brechen um ca. 8 Uhr auf. Es ist
wieder ein Klettersteig, aber so zahlreich mit Tritten und Seilsicherungen
versehen, dass bei halbwegs erfahrenen Bergsteigern das Klettersteigset
fast nie zum Einsatz kommt. Aber einen Helm sollte man auf jeden Fall
aufsetzen, auch wenn man damit in der Minderheit ist! Ab Mai 2004 soll
sogar Helmpflicht bestehen, in unseren Augen eine sinnvolle Maßnahme.
Trotz
der starken Frequentierung lohnt sich der Aufstieg auf den Triglav,
den höchsten Berg Sloweniens, allein schon wegen des grandiosen
Ausblicks, an klaren Tagen bis zum Großglockner, in die
Dolomiten und zur Adria!
Blick
vom Triglav-Gipfel
Der Abstieg
führt uns über die Südseite durch eine mondähnliche
Landschaft über die Tržaška Koca (koca = Hütte).
Stets weiter Richtung Süden über einen kleinen Pass ins wunderschöne
Sieben-Seen-Tal. Bis zum Jezero Ledvica (jezero = See),
dem größten der sieben Seen (eigentlich sind's acht), trotten
wir müde talabwärts und entschließen uns hier zu biwakieren.
Hinweis: Zelten und offene Feuer sind im Nationalpark verboten! Wir aber
genießen die Einsamkeit und das Pfeifen der vielen Murmeltiere und
beobachten sogar eine Herde Gämsen ganz in unserer Nähe. Bergidylle
pur!
4. Tag
Koca
pri Triglavskih jezerih (1.685 m) - Planina Ovcarija (1.720
m) - Planina Visevnik (1.615 m) - Kosijev dom (1.054 m)
- Stara Fuzina (546 m) - Camping "Zlatorog"
HU
ca. 1150 m / GZ ca. 10 Stunden
Planina
Ovcarija
Die letzte
Etappe führt uns vorbei an der Sieben-Seen-Hütte (Koca
pri Triglavskih jezerih), die von von drei weiteren, malerisch gelegenen
Seen umgeben ist. Geplant war der weitere Abstieg über den Klettersteig
der Komarca-Wand zum Bohinj-See, was uns leider wegen
eines Waldbrandes verwährt bleibt. Also müssen wir einen eher
mehr als weniger langen Umweg in Kauf nehmen, den wir im Nachhinein
aber keinesfalls bereuen. Wir schlagen einen gemütlichen Weg in
östliche Richtung ein über Planina Ovcarija (planina
= Alm) und Planina Visevnik (bewirtschaftet + Nächtigungsmöglicheit.
Der selbstgemachte Kräutertee sollte unbedingt probiert werden!),
bis wir schließlich auf einen Wanderweg ca. 500 Höhenmeter
oberhalb des Sees gelangen.
Von dort
oben hat man einen wunderbaren Blick auf den See und dessen Umgebung.
Abstieg nach Stara Fuzina, um in Ribcev Laz endlich am
Ufer des Bohinj-Sees zu stehen!
Der
Behinj-See
Langsam aber
sicher macht sich der Umweg in unseren Beinen wirklich bemerkbar, zu guter
Letzt lässt uns auch noch der Bus im Stich, sodass wir den Weg zum
einzigen Campingplatz auf der anderen (westlichen) Seite des Bohinj-Sees
im Dunkeln zu Fuß bewältigen müssen. Somit haben wir den
See im Endeffekt einmal komplett umrundet.
5. Tag
Rückreise zum Ausgangspunkt
Die eigentliche Bergtour ist jetzt vorbei, allerdings eignet sich der
Bohinj-See hervorragend, um einen Tag lang zu entspannen, Beine
und Seele baumeln zu lassen, ein Kanu zu mieten oder einfach nur zu
plantschen …
Für Leute, die ihr Auto in Mojstrana zurückgelassen
haben, ist die Rückreise dorthin mit öffentlichen Verkehrsmitteln
vollkommen problemlos: per Bus: Campingplatz - Bohinjska Bistrica,
dann mit dem Zug: Bohinjska Bistrica - Bled - Jesenice und noch einmal
per Bus: Jesenice - Mojstrana
Triglavski
Narodni Park
Seinen
Namen erhielt der Triglav Nationalpark von einem der Nationalsymbole
Sloweniens, dem 2.864 Meter hohen Triglav, der fast im Zentrum
des geschützten Gebietes liegt. Vom Triglav aus verlaufen strahlenartig
Täler und Flüsse, die ihre Quellen in der Julischen Alpen
haben: die Soca, die in die Adria mündet, und die Save, die ins
Schwarze Meer fließt.
Der erste Vorschlag zum Schutz des Triglavgebietes
kam im Jahr 1908 auf. Noch dauerte es jedoch 16 Jahre, ehe dieser Vorschlag
seine Verwirklichung fand. 1961 wurde der Schutzvertrag auf Dauer erneuert,
die auf ca. 2000 Hektar vergrößerte Fläche "Nationalpark
Triglav" genannt. 1981 erhielt der Park seine heutige Größe
von etwa 83.807 Hektar.
Sämtliche Gletscherseen Sloweniens
liegen im Nationalpark Triglav: der Bohinj-See, die Triglav-Seen, die
Kriz-Seen und der Krn-See. Unter den Wasserfällen sind als die
schönsten der Savica-Wasserfall in Bohinj, die beiden Pericnik
Wasserfälle im Vrata-Tal, der Sum-Wasserfall am Ausgang der Vintgar-Klamm,
der Skocnik-Wasserfall im Gebiet des Beli potok und der Nadiza-Wasserfall
in Tamar zu nennen.
So wie überall in den Julischen Alpen
überwiegt auch im Nationalpark Kalkstein, der sich zumeist in der
Trias vor etwa 200 Millionen Jahren sedimentierte. Die Julischen Alpen
charakterisieren sich durch ihre starke Gliederung: steile, tief
eingeschnittene Täler, deren Felswände von Gletschern glatt
geschliffen sind; breite und lang gezogene Täler sowie stark verkarstete
Hochebenen bilden ein wahres Eldorado für Bergfreunde. Neben dem
über die Grenzen Sloweniens hinaus bekannten Triglav eröffnen
noch die malerischen Gipfel und Berggruppen des Jalovec
(2.645 m) und Mangart (2.679 m) im nordwestlichen Teil, der Prisojnik
(2.547 m), Razor (2.601 m), Skrlatica (2.738 m) und die Martuljekgruppe
mit dem Spik an der Nordseite sowie der Kanjavec (2.568 m) und Lepo
Spicje (2.398 m) in der zentralen Region herrliche Kletter- und Wanderrouten.
Vielfältig auch die Fauna: Forellen,
Steinadler, Auerhuhn und Birkhuhn besiedeln neben vielen Gämsen
das Hochgebirge. In den letzten Jahrzehnten wurden zudem einige fremde
oder vom Aussterben bedrohte Tiere wie Steinbock, Murmeltier und Mufflon
im Nationalpark angesiedelt.
Der Triglav wurde zum ersten Mal 1778
von vier Einwohnern Bohinjs bestiegen. Bergsteiger waren es auch,
die im Gebiet des heutigen Nationalparks die ersten Schutzhütten
errichteten. Nach der Gründung des slowenischen Alpenvereins 1893
wuchs die Zahl der Schutzhütten schnell an. Heute überzieht
das Gebiet ein ganzes Netz von einheitlich markierten Bergpfaden. Innerhalb
des Nationalparks bewirtschaftet der Slowenische Alpenverein über
32 Häuser und Hütten.
Schwierigkeiten:
Klettersteige, Wegzeiten und Höhenunterschiede sind nicht zu unterschätzen.
Angesichts dessen kann diese Tour ohne weiteres als hochalpin und selektiv
bezeichnet werden.
Höhenmeter:
Etwa
2400 im Auf- und Abstieg
Gesamtgehzeit:
ca.
29 Stunden
Währung:
Slowenische
Tolar, 1 = 235 SLT (Stand August 2003)