Kops
Speicher - Neue Heilbronner Hütte - Friedrichshafener Weg - Gais
Spitze - Fasultal - Konstanzer Hütte, 7/2003
Von Thomas Rambauske
Intro
Das
Verwall - eine urtümliche, weiträumige, bislang unentdeckte
Kultur- und Naturlandschaft mit lang gezogenen, weiten Tälern,
steilen Jöchern, schroffe Scharten, rauschenden Bächen und
großartigen Panoramawegen bietet prachtvolle Aus- und Einsichten
und für jedermann, -frau und -kind passende kleine Abenteuer.
Während jedoch alles nach nebenan läuft, hält das nicht
minder reizvolle Verwall einen ungestörten Schönheitsschlaf.
Es sind halt keine Vorzeige-Berge da, die man sich als Trophäen
in die heimatliche Vitrine legen könnte. Macht nichts! Haben wir
dieses kleine Paradies eben für uns allein! Wer Ruhe, Einsamkeit
und leicht erreichbare Aussichtsbalkone sucht, wer g - e - h -
e - n und nicht im Stau stecken will, wer die Hütten für
sich allein haben und selbst schlechtes Wetter von seiner schönsten
Seite kennenlernen will, der ist im Verwall genau richtig.
Das
Abenteuer Verwall beginnt im hinteren Paznauntal vor den Toren des GasthofesZeinisjoch am KopsStausee (Parkplatz, Haltestelle
der Busse aus Gaschurn und Galtür). Von dort auf einem
Trampelpfad in Serpentinen zuerst am kleinen Zeinis See vorbei,
in weitem NO-Bogen um den Fluh herum, bis man auf der Verbella
Alpe auf eine Labestation und den Verbella Bach trifft. Im
sumpfig-moorigen Tal der Verbella Alpe drängen sich die typischen
Pflanzen der Feuchtgebiete zu prächtigen Farbpölstern. Dem VerbellaBach und dem Erdgeschoss der Valschavieler Berge entlang,
fast unbemerkt höher, vorbei an den Baugründen der Murmeltiere
(links meist die Luxus-Villen mit Bachzugang, rechts im Schrofengelände
die Schrebergärten der weniger begüterten Pfeif-Ratten) zu den Scheidseen und der Neuen
Heilbronner Hütte auf dem Verbellner Winterjöchle.
Da die eben absolvierte Strecke meist über breite Güterwege
führt und deshalb auch von Mountain-Bikern locker bewältigt
werden kann, treffen wir in der Hütte auf jede Menge strammer Wadln.
Das sollte sich in der Konstanzer
Hütte wiederholen. Wird das Verwall eher von Radlern entdeckt
als von Wanderern? Die Bikerroute von St. Anton nach Gaschurn
im Montafon oder Galtür im Paznauntal gehört jedenfalls
schon zu den MB-Klassikern.
Die Neue
Heilbronner Hütte ist wirklich neu (2001 renoviert), blitzsauber
- und bis auf wenige Biker leer.
75
Jahre Heilbronner Hütte
Nachdem
die erste Heilbronner Hütte am Taschljöchl zwischen Schnalser
und Schlanderser Tal nach dem Ersten Weltkrieg an Italien verloren
ging, wagte man es abermals eine Hütte zu bauen. Am 17. Juli
1926 stiegen die Lokalgrößen Dr. Link, Dr. Kachel und Eckert
mit dem Bergführer Sepp Bodlak aus St. Anton zum Joch am Scheidsee
und deponierten an einem Steinmann einen Zettel mit der Aufschrift:
"Hier soll die Neue Heilbronner Hütte entstehen".
Gesagt, getan. Am Juli 1928 wurde die von der Sektion Heilbronn errichtete
Hütte feierlich eingeweiht und ihrer Bestimmung übergeben.
Der Ski-Boom führte dazu, dass die Unterkunft vor allem in der
Wintersaison bei den Skifahrern beliebt war. Dem wurde 1971 Rechnung
getragen, indem man unweit der Hütte einen Lift errichtete. Gegen
Ende der 80-er erlahmte das Interesse an so kleinen Skigebieten- der
Skilift hatte ausgedient. Allein die Skitourengeher eroberten nun
das frei gewordene Terrain um die Hütte und bescherten der Neuen
Heilbronner ein Überleben. 2001 und 2002 wurde die Hütte
erweitert, die sanitären Einrichtungen an die heutigen Standards
angepasst, das Dach saniert - das Resultat: ein traumhaft gelegenes
Penthaus und Basislager für etliche Touren.
2.
Tag
Heilbronner
Hütte - Muttenjoch (262 m) - Gais Spitze (2779 m) -
Vertines Kopf (2685 m) - Schafbichl Joch (2636 m) - Fasultal
- Konstanzer Hütte (1688 m)
GZ 8 Stunden / HM 500/1175 m
Berni
in den Hohen Köpfen
Patteriol,
Magdalena & Niki (1 Monat vor ihrer Hochzeit)
Eine
Warnung vorweg: Bei dieser Tour handelt es sich um einen regelrechten
Wadlbeißer, nichts für Untrainierte und Gehfaule. Zwar gibt
es kürzere Varianten zur Konstanzer
Hütte- über das Wannenjoch beispielsweise
(5-6 Stunden) oder direkt durch das Tal des Schönverwall
(3 Stunden) - wir wollen aber das Verwall in seiner Vielfalt kennenlernen
- und unsere Ausdauer.
Von
der Hütte den FriedrichshafenerWeg nach, fast eben
um Jöchl und GrünenGrat herum, dabei
an den kleinen, aber feinen Valschaviel-Seen vorbei und hinunter
zum Rosanna Bach. Von dort den 1. Killerhang des Tages in engen
Serpentinen hoch zum Muttenjoch (2620m, 2 Stunden) - an einem
schwülen Tag hat es dieser Geröllhang wirklich in sich. Im
Joch legen wir unsere Rucksäcke ab und besteigen unschwierig über
Geröll in 20 Minuten die Gais Spitze (2779m, Kreuz). Nur
die letzten Meter Handarbeit. Von oben sind Gams-Familien, die elegant
im Fels klettern, ebenso zu genießen wie exklusive Ausblicke auf
die Silvretta und ins 1200 tiefer gelegene Paznauntal.
Weiter vom Muttenjoch bergab, dann aber bei einem Wegweiser nicht
zur schon sichtbaren Friedrichshafener Hütte, sondern links
hinauf in Richtung Hohe Köpfe. An schwülen Tagen eine
"seeehr, seehr hübsche Schinderei", "hübsch",
weil das Gelände urig, wild und felsig wird und mancher See am
Weg liegt, "Schinderei", weil es nun wieder bergauf geht ,
ordentlich bergauf sogar (I) am felsigen Rücken des Vertines
Kopfes.
Dort
(2685m) hat man die Plackerei aber hinter sich - glaubt man! Denn etwas
nervend nun auf und ab und ab und auf über alle Köpfe der
Welt hinweg, bis endlich am VertinespleißKopf das
Schafbichljoch unter uns liegt (2,5 Stunden vom Muttenjoch).
Dort ist einmal ordentliches Verschnaufen angesagt, denn ...
... wer glaubt, die Schinderei habe hier ihren Schlusspunkt gefunden,
täuscht sich abermals, der Marsch durch das Fasultal zur
KonstanzerHütte will
partout kein Ende nehmen.
Dieses Tal gehört sicher zum Anmutigsten, was das Verwall zu bieten
hat - die Teil-Umrundung des mächtigen Patteriols, der kräftig
anschwellende Fasul-Bach, die faszinierende Almflora, der Ausblick
auf die Gletscher der Fasul-Ferner - aber was hat man von den
reizvollsten Eindrücken, wenn die Beine nicht mehr wollen und alle
Aufmerksamkeit verlangen.
Mein
Neffe Berni hat da ein nettes Spielchen erfunden, mit dem die Zeit schneller
verging: "Wetten, hinter der nächsten Kuppe taucht die
Konstanzer Hütte auf?" Jedes Mal um einen Apfelstrudel
gewettet, verlor er eine ganze Konditorei an mich, denn die Konstanzer
liegt versteckt in einem Wald kurz unter der Baumgrenze zwischen
HahnentrittKogel und Patteriol und erlaubte sich
erst zu erscheinen, als Wanderführer Tommy längst gelyncht, Berni all sein Erspartes in Apfelstrudel-Wetten verloren und
Robi-Roger zum ersten Mal in seinem Leben verstummt war. 8 Stunden
Gehzeit, das ist genug, Markus, der Hüttenwirt der Konstanzer
Hütte, erkennt unsere Erschöpfung und serviert uns
einen Alpin-Powerdrink vom Feinsten: ein Schnapserl.
Konstanzer
Hütte
Über
die Qualität einer Hütte entscheiden letztlich Regentage.
Wenn man die unbeschadet übersteht, ist dies zu allererst dem
Angebot, den Kochkünsten der Wirtsleut', der Gemütlichkeit
der Lager und des Wohnraums zu verdanken. All das traf bei der Konstanzer
Hütte 100% zu, als wir wegen Regens einen Tag zum Verbleib gezwungen
waren: Markus, der engagierte Hüttenwirt, kochte vorzüglichst
und ausreichend, der große, deckenlose Gastraum verführte
geradezu zum Kartenspielen (historisch: Magdalena und ihr Zukünftiger
Niki erlernten hier die hohe Kunst des Tarockierens), die Matratzenlager
zum Mittagsschläfchen - kurz: eine Hütte mit ****-Qualität,
in der sich die miesesten Tage gemütlich verbringen lassen. Aber
nicht nur das: Die blitzsaubere Unterkunft wurde jüngst mit dem
Umweltgütesiegel ausgezeichnet, Hüttenhund Aika lädt
zu therapeutischen Streicheleinheiten ein und die Schnapserln spülen
die letzten Alltagssorgen weg - da lässt's sich bleiben, da lässt's
sich leben. Wer also ein gemütliches Basislager für herrliche
Tagestouren (Patteriol, Kuchenspitze, Scheibler usw.) sucht, sei diese
Hütte wärmstens empfohlen.
Hüttenwirt
Markus Jankowitsch und Hüttenhund Aika
Schwierigkeiten:
Auf
dieser Tour wie im gesamten Verwall ist der Allround-Bergsteiger gefordert,
der zwar kein Kletterkünstler sein muss, aber in allen alpinen Belangen
sein Grundrüstzeug beherrschen sollte.
Das Alpinarium Galtür ist ein Ausstellungshaus der besonderen "ART" und zentraler Bestandteil der 345 Meter langen und 19 Meter hohen Schutzmauer. Die Kombination aus Schutzmauer und Ausstellungsraum macht das Alpinarium Galtür und seine Architektur in Europa einzigartig. Die Nominierung zum europäischen Musumspreis 2007 und die Auszeichnung mit dem österreichischen Museumsgütesiegel 2008 unterstreichen die Qualität des Hauses.
Zu den Angeboten, Ausstellungen, Öffnungszeiten Preisen usw. siehe PDF >>>