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Elbrus, der weiße Berg
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Die Gipfeltour

Azau - Eislager (3.900 m) - Diesel Hut-Prijut 11 (4.157 m)

HM ca. 600 m / GZ 3 Stunden

Per Seilbahn hoch
Seilbahn in Azau

 

 

 

 

 

 

 

Die Diesel Hut
Die Diesel Hut ...

Dieselhut und Prijut
... neben der abgebrannten Prijut 11

 

Endlich geht's ans Eingemachte - und das auf brutalste Weise: per Seilbahn. Zunächst per Bus 4 km nach Azau, wo die Kabinenseilbahn bestiegen wird. Natürlich könnte man auch zu Fuß beginnen und von Azau unterhalb der Seilbahn über Schotterwege hochtraben. Wir schonen unsere Kräfte, lassen uns per Seilbahn bis zur Zwischenstation Mir, 3.470 m, und weiter per Sessellift zur meteorologischen Station Eislager auf 3.800 m hieven. Dort bieten "Barrels" oder Wohntonnen etwa fünf Schlafplätze pro Tonne.

Der Weg zur Prijut 11 ist an Reizen kaum zu überbieten: unberührte Pisten, idyllische Snowboard-Halfpipes und einsame, nur von Hunderten Skifahrern bevölkerte Abfahrten stapfen wir - meist als Geisterfahrer in Gegenrichtung - hoch, genießen die ohrenbetäubende Stille und atmen unverdünnten Dieselsmog ein.
What a feeling!!

Snowboarder
Bergidylle pur!

Nach drei Stunden alpinistischer Höchstleistung erreichen wir die berühmte Dieselhut neben der 1998 abgebrannten Prijut 11. Auch diese Hütte ein Erlebnis: Von außen einer Raumkapsel ähnelnd, die auf einer Mülldeponie gelandet ist, mit Bullaugen im Obergeschoss, befindet sich dort ein uriges kleines Matratzenlager für Tausende Bergsteiger, darin einzelne Gemeinschaftsseparees für etwa vier zusammenklappbare Personen. Mangels Fenster wird Bergsteigerluft de luxe geatmet, gegessen wird im Schichtbetrieb, das allerdings ausgezeichnet - Eduard serviert phantastische Menüs. Nach einer Stunde vertreibt uns aber jedes Mal die russische Küchenzarin mit erhobenem Kochlöffel vom Tisch hinaus in die erbarmungslose Wildnis der Snowboarder und Freerider. Wer es allerdings dennoch etwas idyllischer will: Um die Hütte herum gibt es genug zeltbare Mulden mit großartiger Aussicht, guter Luft und - Platz!!

Um endlich wirklich einmal 4000er-Luft zu schnuppern, steigen wir noch schnell auf eine Höhe von 4.350 m hoch. Weit und imposant liegt das großartige Panorama des Kaukasus unter uns, der Elbrus selbst gibt sich harmlos und einladend.

Der Elbrus

Die Nacht in unserem Separee für zusammenklappbare Alpinisten war nicht so toll. Bodyguard Wolfgang, der 3 m-Pfosten, war morgens kaum wieder gerade zu biegen.

Eduard, der Küchenchef Beim Essen Die Häuseln Das Matratzenlager
Küche, Speisezimmer, WC und das Matratzenlager der Diesel-Hut

Prijut 11 - Pastuchow-Felsen (4.690 m)

HM ca. 700 m / GZ 3 St. 1 St.

 

 

Vor dem Pastuchow-Felsen

Noch weiter hinauf diesmal zum sog. Pastuchow-Felsen, 4.690 m. Der Weg dorthin: auf von Ratrac-Spuren zerfurchter Piste durch eine Felsallee, immer dem Ostgipfel des Elbrus zu; Hangneigung: absturzgefährliche 10 Grad, technische Anforderungen: gleichzeitig plaudern, schauen und gehen. Na gut, trotzdem ein herrlicher Sonnentag und das Erlebnis, unseren Waldschratt erstmals in Aktion zu sehen: Lederbergschuhe aus dem vorigen Jahrhundert, zig Mal geflickter Militär-Parka und ein Rucksackerl von Aldi. Maria und ich verfallen in grenzenloses Mitleid, wollen Luis Trenker in einen High-Tech-Alpinisten verwandeln und kratzen an Reserveausrüstung zusammen, was unsere Packsäcke hergeben. Allein wir haben die Rechnung ohne Roland, den Frankfurter Sturkopf, gemacht. Nein, er nehme keine Geschenke an, er brauche nichts, danke, danke, danke ... lacht er aus seinem Bartgestrüpp hervor. Zu dieser Unsicherheit kam noch, dass Eduard den ganzen Tag über von einer aus dem Westen auf uns zukommenden Schlechtwetterfront sprach. Tatsächlich peitscht am Abend vor unserem Gipfeltag stürmischer Wind gegen die Raumkapsel. "Nicht gut, Schlechtwetter vom Westen morgen früh, der Gipfel sehr fraglich ...", prognostiziert Eduard, der Kaukasus-Kenner, mit sorgenvollem Blick gen Himmel.

Panorama

Prijut 11 - Pastuchow-Felsen (4.690 m) - Sedlowina-Sattel (5.376 m) - Elbrus (5.642 m)

HM ca. 1550 m / GZ 8 St. 3,5 St.

Achtung: Rolands Ausrüstung ist für den Elbrus natürlich absolut nicht zu empfehlen. Bei einem tatsächlichen Schlechtwettereinbruch hätte das Unternehmen Elbrus mit Lederbergschuhen auch ordentlich ins Auge gehen können. Erfrierungen aufgrund mangelhafter Ausrüstung stehen am fast 6.000 m hohen Elbrus auf der Tagesordnung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Pastuchow-Felsen
Am Pastuchow-Felsen

 

Traumhafte Weitsicht

 

 

 

Am Gipfelhang

Roland
The Legend: Roland

Das Schlechtwetter aus dem Westen

Top of Europa
Foto: Maria Hopfenspirger

Sternenklarer Himmel um 2.15 Uhr, Windstille, erträgliche Temperaturen. Josef bleibt nach schlafloser Nacht in der Hütte zurück, Bodyguard Wolfgang sowieso. Frühstück, Aufbruch 3.30 Uhr.

Frühstück

Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder in reinstem Ratrac-Stil wie eine japanische Gruppe, die sich bis zu den Pastuchow-Felsen karren lässt, oder im altmodischen alpinen Stil aus eigener Kraft und "by fair means". Wir Bergsteiger von gestern (und unsere Geldbörsen) entscheiden uns für den alpinen Stil und stapfen los über die Pisten in Richtung Pastuchow-Felsen. "Schlechtwetter vom Westen in zwei Stunden", prognostiziert Eduard nach sorgenvollem Blick gen Himmel.

Sonnenaufgang

Morgenstimmung über dem Kaukasus

Herrlicher Sonnenaufgang über dem Kaukasus, schroffe Felszacken schälen sich aus pastellfarbenem Morgenlicht, Energieriegel Maria stopft eine Schoko nach dem anderen in sich hinein, Roland tuckelt unruhig hinter uns her. "Na bitte", denke ich mir, "er erfriert schon, wird's nie und nimmer schaffen, wie wir es vorausgeahnt haben."
Nach drei Stunden beim Pastuchow-Felsen. Pause. "Schlechtwetter vom Westen in zwei Stunden ...", Maria stopft einen Riegel nach dem anderen ..., Roland zappelt wie ein Erfrierender. "Roland, du zappelst mir zuviel, wirst uns erfrieren, ich gehe mit dir zurück ...", erbarme ich mich seiner. "Nein, nein, bin nur ungeduldig", knarrt es aus seinem Bartgestrüpp hervor", "will gar nicht zurück, will nur schneller ..." Sagt's und ehe ich noch antworten kann, ist er schon weg - fort - eine Staubwolke ... Um es vorwegzunehmen, Roland, der Mann ohne Furcht und Tadel, ohne Goretex und Daune, der Mann mit den Luis Trenker-Latschen und dem Verhüterli-Rucksack, dieser Mann wird uns bis zum Gipfel um 1 ½ Stunden abhängen, bis zur Rückkehr zur Prijut nochmals eine Stunde, also insgesamt 2 ½ Stunden, die japanischen Ratrac-Fahrer sogar um 4 ½ Stunden ... Geh' ma weiter ...

Der schlimmste Teil ist jener von den Pastuchow-Felsen hoch zur Flanke und nach links um den Ostgipfel herum zum Sedlowina-Sattel. Das zieht sich gehörig, zumal die Luft hier erstmals wirklich dünner wird und der Hang kein Ende nimmt. Die kurze, flache Traverse um den Aufbau des Ostgipfels herum in den Sattel entspannt ein wenig. Wolkenloser Himmel, kein Luftzug - "Schlechtwetter vom Westen in zwei Stunden", so Eduard nach sorgenvollem Blick gen Himmel. Am Sedlowina-Sattel, 5.376 m (unbrauchbare Biwakschachtel, 5-6 Stunden von der Prijut), die letzte Raststation vor dem langen, anstrengenden Gipfelhang. Erschöpft, ausgelaugt und durchfroren verschnaufen wir, da kommt uns Roland luftig frisch vom Gipfel entgegengelaufen. "Super! Kein Problem!", knarrt es aus seinem Bartgestrüpp hervor, "wunderschön, wunderbar, toller Ausblick ..." und ist schon wieder weg - fort - eine Staubwolke. Ich lasse mir seither einen Bart wachsen, habe meine Plastikschuhe gegen Luis Trenker-Latschen und mein High-Tech-Equipment gegen Vorkriegs-Schrott eingetauscht.

Der steilere, etwa 45 Grad geneigte Gipfelhang braucht unsere letzten Energiereserven auf. Schritt um Schritt geht es höher. 250-300 m oberhalb des Sattels nach rechts über einen Schneehang und über einfache Felsinseln auf eine Felsschulter. Eine kurze eisige Stelle, dann endlich das befürchtete Eduardsche "Schlechtwetter aus dem Westen" - in Gestalt einer einzigen Wolke. Geduldig dürfte es da irgendwo hinter einem Felsen auf uns gewartet, uns verstohlen aufgelauert haben wie ein Wegelagerer, um uns dann kaltblütig und hinterrücks zu überfallen. Erbarmungslos sitzt uns das "Schlechtwetter aus dem Westen" dann im Nacken, lässt sich nicht und nicht mehr abschütteln und folgt uns bis zum Gipfel.

Der Marsch über das sanfthügelige Plateau zieht sich. "Gleich sind wir am Gipfel, fünf Minuten noch ...", meint Eduard, und das alle 15 Minuten. So sind wir Tage, Wochen, Jahre unterwegs, hanteln uns, gefolgt vom räuberischen "Schlechtwetter aus dem Westen", von Stange zu Stange. Energieriegel Maria sind längst die Riegel ausgegangen, mir die Puste, als wir endlich wirklich am höchsten Punkt Europas stehen, dem Elbrus. In die Kamera gegrinst, ein paar Vulkansteine eingesammelt, das Panorama natürlich nicht genossen, weil uns das Schlechtwetter aus dem Westen die Sicht raubt ... Der Frechheit nicht genug - kaum haben wir den Gipfel verlassen, klart es auf und bietet sich uns der eindrucksvollste Ausblick, den wir hier zu Gesicht bekamen.

Panorama

Unverdrossen sitzt indes das "Schlechtwetter aus dem Westen" am Gipfel und lacht sich ins Fäustchen ...

Der Abgang kurz und schmerzlos, teils am Hintern abgerutscht, teils gelaufen. Im Hinterkopf nämlich die Idee, heute noch ins Tal abzufahren und die Kojen für zusammenklappbare Menschen mit den Betten der Pension "Ezen" zu vertauschen. Wir schaffen es. Bodyguard Wolfgang hat für uns gepackt, per Pistengerät zur Seilbahnstation und ab durch die Mitte hinunter nach Cheget.

Rückkehr

Die Heimfahrt verlief wie die Hinfahrt in umgekehrtem Sinne - Cheget, Mineralnye Vody, Moskau (eine Nacht), Wien - und verlief nahezu problemlos.

Dennoch eine grandiose Reise, unvergessliche Eindrücke und ein absolut empfehlenswertes Bergerlebnis.

Roland nach seinen bergsteigerischen Tätigkeiten befragt: "Na ja, so kleine Tagestouren am Wochenende, 10 Stunden mit einem kleinen Päuschen dazwischen, hi, hi ...", knarrt es zwischen dem Bartgestrüpp hervor. Kleines Päuschen dazwischen ... Mehr wollen wir gar nicht wissen, Schluss.

Tschau, Freunde!!!


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