Die dritt- und vorletzte Etappe meiner Wanderung quer durch Österreich. Mit dem allseits beliebten Troppberg vor den Grenzen Wiens, dem sog. "Kahlengebirge" von der Sophienalpe über den Hermannskogel bis zum Leopoldsberg und mit der Donauinsel durchwandern wir den grünen Vorgarten Wiens.
Tag 38: Rekawinkel – Stiefelberg – Heinratsberg (513 m) – Troppberg (542 m) – Buchberg – Mauerbach – Grüner Jäger
Gleich beim Bahnhof biegen wir in die Forsthausstraße ein, die uns gelb markiert zum 04er und in in den Wald führt. Schön nun zwischen Feldern, Wiesen und Waldrand dahin, ich fühle mich wohl, weil ich zu Hause bin in meinem geliebten Wienerwald. Nach einer Stunde übersetze ich bei einem Pferdegestüt am Hinteren Steinberg die Landstraße und steuere dem Heinratsberg zu.
Am sog. "Panormaweg Troppberg" lustwandeln wir durch den Wienerwald und passieren den Gasthof Mirli. Von dort ist der Heinratsberg (513 m) oder Heinrichsberg schnell erreicht, eine der wenigen Erhebungen zwischen Donau und Wienfluss, die die 500-m-Grenze übersteigen. Der Gipfel selbst gibt nicht viel her außer viel Wienerwald-Wald.
Also gleich weiter und hinunter zum Ghf. Rieger, einem beliebten und deswegen nicht unbedingt stillen Ausflugsziel, das einen freien Blick Richtung südlich Wienerwald und über das Tullner Feld bietet. Trotz allen Trubels verbirgt sich dort oben dennoch eine kleine Naturbesonderheit, nämlich eine sog. "Naturwaldzelle" mit 200 Jahre altem Buchenbestand, der sich selbst und Mutter Natur überlassen bleibt. Naturwaldzellen werden tatsächlich nicht angerührt, sodass dort wachsen und gedeihen darf, was will. Die gegenständliche Naturwaldzelle dürfte schon über 15 Jahre alt sein – man sieht’s, was fällt, bleibt liegen, was vergeht, darf vergehen, und was neu wächst, tut dies zur Freude des Wanderers. Nächste Bergwertung: der Troppberg zwischen Gablitz, Purkersdorf und Rekawinkel. Er zählt nach wie vor zu jenen Gipfeln, die man gerne der herrlichen Aussicht wegen besucht. Aber auch die lichtdurchfluteten Buchenwälder haben vor allem im Frühling einen unwahrscheinlichen Reiz, wenn sich das satte Grün der Blätter mit dem Blau des Himmels vermischt. Den Troppberg-Gipfel zieren zwei Warten – eine alte Stein- und eine neue Stahlwarte. Während der Blick von der niedrigen Gustav-Jäger Warte, die 1870 zum Andenken an den Begründer des Österreichischen Touristenklubs erbaut wurde, bloß bis zu den benachbarten Baumkronen reicht, bietet die höhere, 24 m hohe Troppbergwarte, die sich wie ein Sehrohr über die Bäume erhebt, ein grandioses Panorama vom Schneeberg bis zum Ötscher, von Tulln bis Wien – Wien!! Ich stehe vor Wien!!! Ich bin nach 38 Tagen Gehzeit fast da!!! In meiner Vorfreude entfährt mir ein ordentlicher Juchitzer. Nun grün markiert Richtung Hochram und Purkersdorf hinunter, wobei ich Roten Kreuz vorbeikomme, deren es viele gibt in und um Wien. Eine Inschrift klärt darüber aus, dass der Name des Kreuzes von früheren Konservierungsmethoden mit Ochsenblut herrühre. Der stille Adolf Samper-Weg führt uns durch Wald bis zur Abzweigung zur Hochramalpe, die wir diesmal nicht anstreben, deswegen weiter bis zum H. Später-Steig, der uns direkt nach Purkersdorf hinabführt (3 Stunden insgesamt). Nein, ich habe noch nicht genug für heute, es geht weiter an der Kirche vorbei und die Dr. Hindgasse bergauf (Weg 444/04) direkt in die Botanik. Hier beginnt zu regnen, was im Wienerwald eigentlich nichts macht, da die dichten Baumkronen die Tropfen aufhalten und das verhaltene Prasseln der Tropfen zur Hintergrundmusik des Wienerwaldes gehört. Nach 150 Höhenmetern erreichte ich den Purkersdorfer Buchberg (465 m), von denen es hierorts auch eine Menge gibt! Nach einer Weggkreuzung geht es am Rande der Augustiner Siedlung steiler bergab Richtung Vorderhainbach und in die Hohe-Wand-Gasse, die uns wiederum in die Mauerbachstraße führt. Dort wenden wir uns nach rechts und marschieren an der Hohe-Wand-Wiese und der einzigen "Skipiste" Wiens vorbei. Nein, nicht lachen, liebe Kitzbüheler: Auf der Hohe-Wand-Wiese wurde 1967 der erste Parallelslalom in der Geschichte des Skisports ausgetragen und 1986 gastierte hier für ein Rennen der Alpine Skiweltcup. Also bitte, wir "Weaner" können’s auch! Die letzten Schritt des heutigen Tages führen mich zum Grünen Jäger am Eingang in den Kasgraben, wo endlich Schluss ist für heute.
Tag 39: Grüner Jäger – Greutberg – Mostalm – Sophienalpe (477 m) – Exelberg – Hameau – Häuserl am Roan – Hermannskogel (542 m) – Gh. Jägerwiese – Kahlenberg (484 m) – Leopoldsberg (425 m) – Nasenweg – Kahlenbergerdorf – Hafen Kuchelau – Donaupromenade – Donauinsel – Handelskai
Wieder eine Monster-Etappe, aber eine, die ich kenne und in umgekehrten Sinne schon gegangen bin (siehe Rund um Wien 10 Etappe 1 und 2). Vom Grünen Jäger an der Mauerbachstraße durch Wald auf den Greutberg (449 m) und von dort über freie Wiesenflächen und Äcker zur hübsch gelegenen Mostalm, die auch für Kinder was übrig hat: Eine große Spielwiese und ein Garten mit Holzfiguren, Brunnen und einer Kutsche bieten genügend Kurzweil für die jungen, eine leckere Speisekarte und ein uriges Gartl Gaumenfreuden für die älteren. Ein wenig später die Franz Karl-Fernsicht, wo Franz Karl, der Vater des vorletzten Habsburger Kaisers, oft gesessen sein und die Aussicht genossen haben soll. Heute allerdings verhindern Bäume den Blick, sodass wir durch ein Spalier uralten Gehölzes weiter bergauf ziehen bis zum baumlosen Wiesenplateau der Sophienalpe, auf der es sich nach Herzenslust promenieren lässt. Schaut man genau, erkennt man das Westende von Wien. Im Restaurant Sophienalpe können wir einkehren und uns stärken. Kaum zu glauben, dass die heute so stille Sophienalpe vor über 100 Jahren als Disneyland geplant und sogar schon in Betrieb genommen wurde. Im Zuge der Wiener Weltausstellung 1873 nämlich sollte die Sophienalpe ein Ausflugs- und Vergnügungszentrum werden, weshalb ein Glaspalast errichtet wurde, in dem man nach dem Vorbild des Londoner Crystal Palace Bälle und Galerien abhalten wollte. Eine Umlauf-Standseilbahn vom hinteren Halterbachtal sollte die Besucher herankarren. Zwei Jahre lang hielt sich Disneyland im Wienerwald, bevor Glashalle und Bahn wieder verschwanden. Im Eingangsbereich des Restaurants kann man noch Fotos von der Bahn bewundern, deren Trasse längst wieder von Wald bedeckt ist. Wie auch immer, wir marschieren weiter zur näcshten Alm, nämlich der am Exelberg, deren Sendeanlage weniger schön ist.
Beim sog. Roten Kreuz übersetzen wir die Exelbergstraße und promenieren im Genusstempo über die sanften Kuppen der Rebellen- und Rosskopfwiese dem Hameau zu. Ein Unterstand bietet Schutz bei eventuellen Witterungsunbilden, die hochwachsenden Bäume ringsum verhindern allerdings die Aussicht. Das Hameau bestand ursprünglich aus 17 kleinen Hütten mit Strohdach und rindenbedeckten Wänden, weshalb es auch heute noch gerne als "Holländerdörfl" genannt wird. Nun um den Gränberg herum und auf und ab über den über den Punkt "Zwei Gehängte" (447 m). Der gruselige Name erinnert an eine uralte Richtstätte, wo man einst fernab der Stadt Verbrecher gehängt hat. Nun bergab zur nächsten Raststion unserer Etappe, dem Café Restaurant Häuserl am Roan am Dreimarkstein. An schönen Wochenenden tummeln sich hier ob der grandiosen Sicht über Wein rudelweise Touristen, deshalb schnell in den Wald untergetaucht und weiter bis zum "Grüß di a Gottwirt" an der Kreuzung Höhen- und Sieveringerstraße. In dieser sehr gastfreundlichen Hütte mit dem Esprit einer Berghütte lässt sich nett einkehren, während sich die Kinder am Spielplatz daneben vergnügen. Nun eine der letzten Bergwertungen meines langen Weges, nämlich am Hermannskogelweg zur Fischerwiese und über einen mit Fernblicken bestückten Kamm zur sog. Goldwiese und schließlich zum den 542 m hohen Hermannskogel und Top-Gipfel des Wiener Stadtgebietes. Die von Satellitenantennen entstellte Habsburgwarte ist leider nur selten zugänglich. Wer das Glück guten Wetters hat, außerdem von Mai bis Oktober und Sa., So. bzw. feiertags unterwegs ist, kann bis zur Plattform hochsteigen und über das niederösterreichische Hügelland bis zu den Kleinen Karpaten und der Hainburger Pforte sehen. Hinunter nun zum Gasthaus Jägerwiese (Wiese, Spielplatz, Tiergehege) und durch Wald entlang der Höhenstraße bis zum bis zum "Katholischen Bildungshaus der internationalen Schönstatt-Bewegung" mit einer kleinen Wallfahrtskapelle und Einkehrmöglichkeit. Das nächste Highlight ist wenig später die Stefaniewarte (Öffnungszeiten Mai bis Oktober, Sa. 12.00-18.00, So. und feiertags 10.00-18.00), die, umgeben von Sendern, den Gipfel des Kahlenbergs markiert. 5 Minuten später an der Kaiserin Elisabeth-Ruhe vorbei zum Kahlenberg selbst mit seinem neuen Restaurant, seiner alten Kirche und dem fulminanten Ausblick über Wien.
Nun wieder in Wald verschwunden und hinuner zu den Wiesen der Josefinenhütte (oder Hütte am Weg”, um die herum auch ein gewaltiger Hochseilgarten gespannt ist. Weiter ein Stück entlang der Höhenstraße bis zum Leopoldsberg. Auf dessen Gipfel angekommen präsentiert sich eine lupenreine Weitsicht auf Klosterneuburg, Korneuburg und die gesamte Wiener Pforte. Die Burg- und Kirchenanlage (Leopoldskirche) bietet Geschichtsinteressierten ein breites Betätigungsfeld, während sich Ruhebedürftige im Restaurant nebenan ausrasten können. Was nun folgt, ist ein Stück Wander- und Stadtgeschichte, das es nun zu zelebrieren gilt: der Nasenweg, ein im Jahre 1877 architektonisch ausgestalteter Fußweg mit Stiegen, Aussichtskanzeln, Betonbänken und einem Obelisken, der teilweise über historische Treppen und Stiegenanlagen vom Kahlenbergerdorf steil hinauf auf den Leopoldsberg führt. Geheimtipp: Die Panoramastrecke ist unter Verliebten legendär. Warum Nasenweg? Weil der Leopoldsberg – das "Nordkap der Alpen" – auf dieser Seite des Berges steil und geformt wie eine Nase zur Donau abfällt. Diesen Weg gilt es nun regelrecht zu zelebrieren, bietet sich doch bei jeder Kurve und von Treppe zu Treppe eine sich erweiternde, imposante Rundschau über Wien mit Stephansdom, Twintowers am Wienerberg, den Donaulauf bis zum Bisamberg und das sich dahinter auftuende Weinviertel. Den Grund errreichen wir im sog. Kahlenbergerdorf. Dieses uralte Weinstädtchen sollte man mit offenen Augen durchmessen, wandelt man hier doch durch einen mittelalterlich geprägten Ort mit uralter Geschichte und Weinbautradition. Nun durch eine Unterführung und zum Yachthafen Kuchelau an der Donau. Die Donau! Wir haben vom höchsten Berg nun das Meer Wiens erreicht, der Geruch hat sich prompt geändert und auch der Wind hat an Heftigkeit zugenommen. Fischer sitzen an den Ufern. Nun am Ufer der Donau entlang, das wir uns nach wie vor ausschließlich mit Fischern, Möwen und Tauben teilen.
Ein hübscher, beschaulich angelegter Promenadenweg führt uns immer weiter vom Kahlenberg weg. Über das andere Ufer erhebt sich der Bisamberg und den höchsten Gebäuden Wiens näher. Auf der von Jugendstilarchitekt Otto Wagner errichteten Schemmerlbrücke am Brigittenauer Sporn, die es an Schönheit und Pracht in sich hat, verlassen wir das Festland. Die doppelte Fachwerkbrücke wurde im Zuge der Errichtung der "Nussdorfer Wehr- und Schleusenanlage" zwischen 1894 bis 1898 erbaut als Stadttor und protzt mit mächtigen Pylonen und Löwenfiguren aus Bronze. Auf der Nordbrücke oder besser gesagt auf einem eigenen Fußgängersteg (Steinitz- oder Nordsteg), betreten wir des Wieners liebste Spielwiese, die Donauinsel. Im Jänner gehört die "Copa Cagrana", wie dieser "Küstenstrich" von den Wienern gerne gerufen wird, den Möwen und mir. Wären wir im Frühling oder Sommer unterwegs, müssten wir uns einordnen in einen Strom aus Radfahrern, Läufern und Skatern. So wandern wir einsam gegen den Strom, begegnen nur hie und da einem Jogger oder Herrl mit Hund, atmen kalte, nach Donau riechende Luft ein. Der Treppelweg folgt direkt dem Wasser, manchmal wird's sogar wild und matschig, fast dschungelartig, wenn sich das Ufer verbuchtet und seine eigene unerlaubte Natur bildet. Am Donauinselplatz bei der Floridsdorfer Brücke passieren wir ein Uni-Schiff und am paar am Ufer dümpelnde kleine Fischerboote. Sie ähneln Hausbooten und verfügen an einer Seite über große, an vier Ecken befestigte Netze. Wie krass der Gegensatz: In der Ferne die Hochhäuser des Vienna International Centre, allgemein als UNO-City bekannt, hier die einfachen Boote. Links und rechts von mir treibt es die Stadt zu ihrem untriebigen Leben, leise hört man's rauschen, hin und wieder hupen, sirenenheulen oder schienenrattern. Was gleich auffällt, ist ein Leuchtturm vor der Skyline der UNO-City am anderen Ufer. Er war ursprünglich Teil einer Kulisse der Bregenzer Festspiele. Von seiner Spitze stürzte sich einst im Rahmen des "Fliegenden Holländers" Senta ins Meer, sprich: in den Bodensee. 1997 fand der Turm auf der Donauinsel seine endgültige Heimat und übernahm seither unterschiedliche Aufgaben als Werbefläche, Sendeanlage für Netzbetreiber oder Träger einer Wetter- und Stadtkamera. Vor allem aber erfüllt er beim Inselwanderer seine angestammte Rolle als Navigator und Orientierungspunkt: Schon von weitem zu sehen weist er den Weg zur "Sunken City", wie dieser Teil der Donauinsel genannt wird. Nun unter der Reichsbrücke hindurch und weiter über die Insel bis zur Praterbrücke, die wir übersetzen und am Handelskai in die Schnellbahn steigen.
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